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- 29 12 2002 - 11:41 - katatonik

Wenn die Hand kopiert

“Denn in diesen geheimen, plötzlich leergeräumten Gedankenräumen, auf diesen traumhaft erweiterten Freiflächen, die sich zwischen dem Augenblick, da das Auge beginnt, den Satz eines Schriftstellers zu erfassen, und der scheinbaren Ewigkeit erstrecken, da sich die widerborstige Hand aufmacht, den Satz aufs Neue zu bearbeiten, in Gestalt von lesbaren, physisch vorhandenen Schleifen auf der Seite eines Notizblocks (besonders auf der Rückseite eines Blattes, wenn die Spiralbindung den Muskeln des kleinen Fingers in die Quere kommt), wenn auch noch die schlüpfrigsten Träume zum Müßiggang gezwungen werden und man seine ganze Aufmerksamkeit einer gewöhnlichen Redewendung widmen muss, über die man noch nie nachzudenken sich herabließ, während gleichzeitig die konzentrierten Fähigkeiten zur Verfertigung von Prosa zu einem höheren Grad von Stoffwechsel angeregt werden, weil es etwas gibt, das Johnson „die Ansteckung durch Sorgfalt“ nannte und das also in der vorübergehend erzwungene Konformität mit dem Auspuffsystem des literarischen Ausdrucks einer anderen Person besteht – in diesem Zustand von Gummi verbrennender, Kupplungen fressender Unterwürfigkeit wird es zwischen den Pflastersteinen zu blühen beginnen, und grün wird es an Orten werden, an denen anderenfalls nie etwas gewachsen wäre.”

Der vorletzte Satz aus Nicholson Bakers sehr feinem “Die Punkte des Kopisten” (Vorsicht, Linkschnellverlöschung), über das manuelle Abschreiben von Stellen aus Büchern.

Ich werde freilich dennoch die gewonnene Gewohnheit beibehalten, Stellen aus Büchern einfach einzuscannen oder abzutippen, dabei in Hinkunft gelegentlich mit ironischer Nostalgie gen Nicholson Baker lächelnd.

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