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- 2 12 2003 - 21:22 - katatonik

Im Leerlauf der Reform

Ab 1.1.2004 soll die Universität Wien gänzlich umorganisiert werden. Bis heute weiss eigentlich niemand, warum.

Es weiss auch heute, knapp ein Monat vor Inkrafttreten der neuen Struktur, niemand, wie. Institute als Organisationseinheiten werden angeblich aufgelöst. Was sind “wir” dann? Weiss keiner. Was passiert mit den Türschildern? Mit Homepages? Von wem sind die dann Homepages? (“This is the website of some people who do stuff at the University of Vienna”) Werden unsere Schlüssel eingezogen? Schlösser gewechselt? Bibliothekszugänge versperrt? Wer lehrt im nächsten Semester? Wie viel? Wer bekommt bezahlt fürs Lehren, wer nicht? Und wie viel?

Bisher gab es Studienkommissionen, die Vorsitzende haben. Für jede Studienrichtung eine Kommission. Auch die werden aufgelöst, die Kommissionen, ab 1.1. An wen wenden sich die Studierenden dann mit Problemen, Anträgen, Fragen?

Die Antwort der obersten für die Lehre zuständigen Person: In Zukunft sollen “Studienprogrammleiter” eingesetzt werden, so etwa 30 für die ganze Universität. Die sind dann für mehrere Studienrichtungen zuständig. Welche für welche? Weiss niemand. Ja, offiziell müssten die ab 1.1.2004 tätig sein. Das wird wohl aber nicht gehen. Gleichzeitig kennt das Universitätsgesetz, das da implementiert ist, keine Übergangsfristen. Es wird also etwas Neues geben, von dem niemand weiss, was es sein wird.

Die oberste Lehrzuständigkeitsperson wird nun die bisherigen Studienkommissionsleiter ersuchen, bis auf weiteres ihren – natürlich ehrenamtlichen – Job weiter zu machen und, äh, in ihrem, der obersten Person, Sinne zu handeln. Offizielle Verantwortung und Zuständigkeit haben sie dann keine mehr, die Kommissionsleiter, denn sie sind ja aufgelöst. Aber sie sollen tun, was sie bisher getan haben, weil anders werden muss, was bisher war.


Dafür braucht man ja auch unbedingt auf dem Markt wertvolle Wirtschaftswissenschaftler, die für ein paar hunderttausend Euro erstmal Task Forces bilden, das Problem bei Kaffee, Kuchen und PowerPoint durchdiskutieren, feststellen, dass man unbedingt die unparteiischen Ex-Studienkollegen von McKinsey zur intensiveren Beratung hinzuziehen sollte - gegen entsprechendes Honorar, selbstverständlich, auf dem Markt wertvolle Menschen machen ja nichts umsonst, so oder so. Heraus kommt dann: Das. Schuld sind: Die anderen.

gHack (Dec 3, 10:24 am) #


In diesem Fall würde man sich fast schon wünschen, es wäre so gelaufen.

Tatsächlich lief es so: Vor dem Sommer erteilte der Rektor Aufträge an fünf Arbeitsgruppen, Vorschläge zur Umorganisation auszuarbeiten. Niemand weiss, wie die Arbeitsgruppen ausgewählt und zusammengesetzt wurden. Sie präsentierten ihre Berichte, die man sich als Universitätsmitarbeiter auch herunterladen konnte.

Wenn ich mich richtig erinnere, hat nur eine Arbeitsgruppe überhaupt mit der "Basis", also mit Universitätsangehörigen, Kontakt aufgenommen. Die anderen betrieben reine Sandkastenspiele und jonglierten mit Instituten und Disziplinen herum, ohne zu wissen, was dort gemacht wird.

Keine Arbeitsgruppe hielt eine Umorganisation für unbedingt nötig, einige arbeiteten aber denoch konkrete Vorschläge aus. Von denen soll jetzt einer umgesetzt werden, aber es weiss wieder keiner, warum gerade der und wie überhaupt.

So etwas wie Kostenrechnungen, Machbarkeitsstudien oder sowas gab es überhaupt nicht. Diskussionen gab es auch nicht im relevanten Sinn. Alles geschieht auf mysteriöse Weise im Gehirn des Rektors, das dummerweise nach dem neuen Universitätsorganisationsgesetz auch niemandem mehr Rechenschaft schuldig ist. Man will sich Zeit sparen, keine endlosen Sitzungen, keine Diskussionen. Man will eben einfach machen. Was? Who cares.

Es gibt übrigens auch ein für Universitätsmitarbeiter offenes Diskussionsforum auf der Homepage der Universität. Als ich gestern nachlas, war der letzte Diskussionsbeitrag vom 11.11.

katatonik (Dec 3, 12:21 pm) #


11.11.? Helau!

gHack (Dec 3, 01:23 pm) #


das versteht man also darunter, dass die unis jetzt näher am markt stehen sollen ... und hey, in der privatwirtschaft ist man genau so weit. aphorismen statt strategie. das ist traurig, aber erlebt.

LaTaiga (Dec 4, 01:57 pm) #

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