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- 3 05 2002 - 03:31 - katatonik

Das Hirn

“Aber der Hirnforscher betrachtet ja gerade nicht sich selbst von innen. Er versucht nicht, wie der Philosoph im Lehr- oder Lehnstuhl zu sitzen, und durch bloßes Nachdenken herauszukriegen wer oder was er ist.”

Gerhard Roth im Interview. Die Auffassung, Philosophen würden Auffassungen über das menschliche Hirn (oder besser: Bewußtsein) durch Introspektion gewinnen wollen, oder dass sich ihre gedanklichen Bemühungen vorrangig darauf richten würden herauszufinden, wer oder was sie sind, ist allerdings reichlich, äh, merkwürdig. Unter Umständen könnte man kartesianische Meditationen so verstehen, aber auch das deucht mir gar arg verkürzt, Junker Roth. Aber die Philosophie hört bekanntlich nicht bei Descartes auf. Sie fängt nicht einmal bei ihm an.

Der Rest des Interviews ergeht sich vorwiegend in Prophezeiungen darüber, was die Hirnforschung sein oder entdecken wird. Die Behauptung, Geist und Bewußtsein würden sich letztlich schon als physikalische Zustände herausstellen, nur bräuchte es dazu eine Physik, die es noch nicht gibt, ist, äh, wenig überzeugend. Das ist das, was mich an Hirnforschern oder Naturwissenschaftlern überhaupt so fasziniert: diese Selbstgewißheit, mit der behauptet wird, etwas würde schon irgendwann entdeckt werden, keine Sorge, schaffen wir schon. Diese völlige Absenz auch nur eines Hauches davon, dass unter Umständen bestimmte Phänomene nicht von Hirnforschung undsoweiter entdeckt oder erklärt werden können, weil sie in ihrer zentralen Beschreibung nicht Teil der physikalischen Theorie sind. Hm.
Der Anstoß in Richtung Roth kam übrigens von Herrn Hirnverbrannt. Wir danken herzlich und werden weiterlesen.

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