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- 4 08 2002 - 16:04 - katatonik

Wir unterhalten uns mit dem Kulturkommentar

Was ist sie wert, die Kultur? Kultur ist, was vom Menschen bleibt – sonst nichts. Wer würde sich heute noch der Medici erinnern, wenn sie sich nicht mit den Künsten geschmückt hätten? Wer wird sich an die momentane Regierung erinnern in 100, in 500 Jahren?
Auch ich finde, die momentane Regierung sollte sich mehr mit Künsten schmücken. Es sollte für Politiker auch viel wichtiger sein, über Kunst im Gedächtnis zu bleiben als über geschaffene Strukturen in der Gesellschaft wirksam zu werden und dabei aber möglicherweise dem Vergessen anheimzufallen. Geschichte besteht aus Namen von Personen und symbolkräftiger Erinnerung daran. Das meinen Sie doch, oder?
Der kapitalkräftigste US-Exportposten ist der Film. Wann wird es eine österreichische Regierung geben, die die Grundlagen schafft für eine lebendige Filmindustrie? Nein, nicht nach dem Modell Amerika – wir können auch selber denken.
Die Kulturpolitik der US-Regierung ist es, an die man sich auch nach 100, 500 Jahren erinnern wird. Da haben Sie recht. George Bush als der Mann, der Dinosaurierstofftiere in der ganzen Welt ermöglichte. Das meinen Sie doch, oder?
Aber in Österreich sollte man wohl, nach allem, was im letzten Jahrhundert passiert ist, besonders eifrig auf die Künste setzen. Wir Künstler sind bessere Botschafter unseres Landes als alle Politiker der Zweiten Republik. Wir sorgen für Völkerverständigung, indem wir unsere Arbeiten im Ausland präsentieren, kommunizieren.
Gerade nach allem, was in Österreich im letzten Jahrhundert passiert ist, sollten Künstler anstelle von Politikern das Land repräsentieren. Deshalb brauchen wir sie: für Repräsentation nach außen. Politiker sollte man, gerade nach allem, was in Österreich im letzten Jahrhundert passiert ist, nur noch als Botschaftssekretäre beschäftigen, oder als Straßenkehrer. Politik braucht man nicht. Politiker auch nicht; es sei denn, sie schmücken sich mit Künsten. Hätte man damals, bevor all dem, was im letzten Jahrhundert passiert ist, eifriger auf die Künste gesetzt, es wäre sicher nicht passiert. All das. Das meinten Sie doch, oder?
Klavier spielt er, der Kanzler, und Kunst hat er an den Wänden – sieht man im Fernsehen -, aber was die Kunst kann, scheint er nicht verstanden zu haben.
Dadurch unterscheidet er sich sowohl von den Medici, derer wir uns aufgrund der von ihnen mäzenierten Kunst erinnern, als auch von US-amerikanischen Regierungen, derer wir aufgrund der von ihnen ermöglichten Filmkultur liebevoll gedenken. Das meinten Sie doch, oder?
Lieber Herr Kanzler, liebe Minister und Staatssekretäre, liebe Bürokraten: Wir Künstler und Regisseure sind nicht zur Behübschung eurer Landschaft da. Wir sind auch nicht dazu da, das Hier und Jetzt zu dokumentieren. Es gibt uns, weil wir Fragen stellen – Fragen nach dem Menschsein, nach dem Leben, nach dem Tod, elementare Fragen, die wichtiger sind als euer Spiel um die Macht. Vielleicht werdet ihr unsere Fragen und das Sensorium unserer Antworten schon demnächst dringend brauchen. Vergesst das nicht.
Ich bin ja auch für Kunst- und Kulturförderung an die katholische Kirche. Das meinen Sie doch, oder?
Edgar Honetschläger schreibt einen Kommentar im Profil.

Ich kenne von Edgar Honetschläger nur den Film “L und R”, einen collageartigen Film, der mit Japan zu tun hat (wobei sich der Regisseur allerdings bei einem der Vorführung folgenden Publikumsgespräch dagegen verwehrte, den Film als “Film über Japan” beschrieben zu hören). Ein banaler Film, der jedem Japan-Klischee ein Klischee der Japanbetrachtung überstülpte und reizvolle, spannende Bilder zu einer reizlosen Gedankenstrecke zusammensetzte. Die Zitate japanischer Schriftsteller sowie nichtjapanischer Überjapanschreiber, die in dem Film vorkamen, kennt jeder, der sich drei Monate lang mit dem Thema beschäftigt. Tanizaki, Reischauer, Victor Hugo (wohl über Donald Richie oder Ian Buruma vermittelt, die zwei, auf deren Texte der heutige Japaninteressierte wohl als Erstes stößt). Das macht zwar nichts, da ja auch bekannte Zitate interessant sein können. Aber es wurde nichts daraus gemacht, nichts damit gedacht.
Das einzig Spannende am Film war, wie sich die japanische junge Frau, die Honetschläger immer wieder befragte, gegen seine Fragen verwehrte. Das Enervierende daran wiederum war, dass dieses Spiel des westlichen Befragers und des japanischen Befragten, meist ein Spiel zwischen befragendem Mann und befragter Frau, keinerlei weiterer Befragung unterworfen wurde. Nichts, nada. Banalitäten. Ja, eigentlich fand ich den Film peinlich.

Sonst kenne ich von Edgar Honetschläger nichts; ich möchte die Banalität der Arbeit, die ich von ihm kenne, mit der Banalität des Kulturkommentars, den er da schrieb, auch nicht unmittelbar in Zusammenhang bringen.

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