Qualität, die wir nicht verstehen
“Wo ich die Zukunft sehe, ist die kreative Leistungserstellung mehrfach zu verkaufen, mehrfach einzusetzen, mehrfach zu verwenden. Dann kommen wir in einen Produktivitätsschub hinein, das ist meines Erachtens der große Schritt nach vorn. Wie können wir von der SMS, über die Kurzmeldung, über die Vorabmeldung, über die Mehrfachverwertung die Produktivität steigern? Wo können wir zulegen? Wo können wir mehr Output produzieren? Wo können wir Dinge doppelt, dreifach und vierfach verwerten? Nur so sehe ich die Möglichkeit, dass wir weiterhin Qualität auf einer gesunden Basis anbieten können.”
Michael Grabner, Geschäftsführer bei Holtzbrinck, hier.
Dafür, dass Medien mehr Qualität anbieten können, wird der Medienkonsument eine geringere Bandbreite an qualitativ hochwertigen Medienelaboraten erhalten, weil der gleiche Inhalt mehrfach verwertet werden muß. Das ist Produktivitätsschub. Aha.
Der Mann liest sich, als hätte er Hal Varian und Carl Shapiro gefriergetrocknet, mit dem Mörser handpulverisiert und dann vorsichtig durch einen 500-Euro-Schein geschnupft.
gHack (Jun 28, 10:22 pm) #
Diese Mehrfachverwertung kenne ich als praktisches Prinzip von freiberuflichen Journalisten schon seit recht langer Zeit. Geht einfach nicht anders, wenn die Freiberufler sich ernähren wollen, ist aber extrem nervig für den Rezipientenkreis.
Ich gehöre zu einem Abonnentenkreis auf gewisse Sendungen oder Printmedien, und dort kriege ich dann von ein- und derselben Person dasselbe Thema in geringfügig unterschiedlichen Varianten mehrmals serviert. Öd. Langweilig. Na gut, das weiß ich alles schon, höre/lese es jetzt aber noch einmal, weil die Autoren anders nicht überleben können.
Die Medienproduktion rechnet offenbar damit, dass ich als Rezipientin Verständnis für die sozialen Nöte der Produzenten habe, und dass dieses Verständnis meine Medienrezeption bestimmt.
Das ist doch reichlich absurd: Dafür, dass mir überhaupt Qualität geboten werden kann, muss ich Qualität in endloser Repetition konsumieren.
Konfliktpunkt zwischen Produktivitätssteigerung, kapitalistisch verbrämt, und Qualität, bürgerlich umrahmt?