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- 31 10 2002 - 21:29 - katatonik

Das Drama Kommunikation

Der anspruchsvollste, vielversprechendste und gleichwohl meines Wissens unbeachtetste Handlungsort für Das Drama Sondergleichen: Reklamationsstellen von Telekom-Unternehmen.

Merkwürdig designte Ladentische in Ladenräumen. Jede Kurve aus mattem Metall, jede Ecke aus knallbuntem Plastik antizipiert die Tragik der Ereignisse. Kundenfrustration fließt mit freundlicher Kundenberaterhilflosigkeit zu einem an Intensität unübertrefflichen dramatischen Gebräu. Großes, großes Welttheater.

Wo anders läßt sich die Dramatik unserer heutigen Zeit und unseren heutigen Orts trefflicher ansiedeln? Wo sonst treffen die Wirkungen und Wucherungen von fortschreitender Technisierung, mangelndem Erkenntnisfortschritt, jahrelanger kommunikativer Einzelhaft weiter Teile der Bevölkerung, uferloser Bürokratie entstaatlichter Unternehmen, sowie persönlichen Schmerzes und basal-banaler menschlicher Tragödie so heftig aufeinander wie hier? Großes Drama, möglicherweise sogar serientauglich.

Ich fange demnächst mal an, indem ich im nächsten T-Online-Theater mein DSL-Modem auf den Tisch knalle, die Kabel lassoartig um den Hals des nächstbesten Kundenberaters werfe und dabei eine Litanei kunstvoll geschmiedeter Beschimpfungen ablasse, so etwa: “Mir reicht’s, Sie Sohn eines selbstbefruchtenden Telefonspiralkabels, Sie hams in einem Monat nicht geschafft, mir eine Zugangskennung zuzustellen, hier ham’ Sie Ihr Scheiß-Modem zurück! Und was mich das alles gekostet hat! Ham’ Sie eine Ahnung, wie mein Liebesleben gelitten hat? Welche genialischen Kommentare in Weblogs der Menschheit dadurch verborgen blieben? Welch Synergieeffekte des Desasters sie damit befördert haben? Wie Sie dazu beigetragen haben, mit sorgloser Datensatzbehandlung zivilisatorischen Fortschritt aufzuhalten? WISSEN SIE DENN DA ÜBERHAUPT, WAS SIE DEN MENSCHEN ANTUN?” Im Hintergrund jault zustimmend ein Chor eigens bestellter Statisten und –innen.

Nein, zur Selbstentleibung werde ich nicht unbedingt schreiten. Andererseits: vielleicht Geiselnahme mit vorgehaltenem Schraubenzieher, um die Zugangskennung rauszupressen? (“Aber wenn ich’s Ihnen doch sage: Wir ham Ihren Code nich da!”, flehte der Kundenberater um sein Leben.) Hm.
Später dann der Dialog im Damenknast, beim allmorgendlichen Kakerlakenknacken: “Hab’ meinen Alten abgeknallt und die Kinder in der Badewanne mit Salzsäure eingeschrumpft. Und du?” – “Hab’ inner T-Online-Filiale Geiseln genommen, weil die mir keine Zugangskennung geschickt ham.” – “Boah, ey, Du warst das? Die große T-Online-Sause damals? Ey, cool!”


*tröst*

gHack (Oct 31, 09:36 pm) #


*dank* Und jetzt bitte einige Szenen für das neue Drama entwerfen. Ich brauche Unterhaltung.

katatonik (Oct 31, 09:39 pm) #


nee hier ich bekam heute brief von meiner telefonfirma (es ist nicht die telekom): vielen dank, dass sie bei unserer kundenbefragung mitgemacht haben, sie haben gewonnen auch: ein wellnesstag mit massage, frühstück und einmal mit thalassoschlamm einschmieren in der fitnessoase, bitteschön.
so geht

cursor (Nov 1, 12:10 am) #


oh, gratuliere. bessser die schlamm-massagen-fitnessoase als die damenknast-fitnessoaste. obwohl, zu wellness und entspannung hab ich auch noch was abzunörgeln. demnächst.

katatonik (Nov 1, 12:16 am) #

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