Intelligenzarbeiter, Status ungewiß
”... zeichnen das Bild einer Generation, die nach dem Uni-Abschluss statt der früher üblichen stabilen Karrieren nur die Scheinselbstständigkeit erwartet. Die neue Klasse geht in die Zigtausende und versammelt vor allem VertreterInnen der 25- bis 35jährigen, die sich im Journalismus, im Kulturbetrieb, bei Film und Fernsehen, im Forschungswesen und sonstigen Kreativbranchen tummelt. Ihr Leben ist vom Auseinanderklaffen zwischen ihrem hohem sozialen Status und ihrer miserablen materiellen Ausstattung gekennzeichnet.”
Aus einem Artikel in “malmoe” über Anne & Marie Rambachs Buch “Les intellos precaires”, 2001, Editions Fayard.
Interview mit den Autorinnen in der Libération.
“precaire” – so viel wie unsicher, ungewiß, heikel, oder, als juristischer Fachausdruck, “widerruflich”. “prekär” im Deutschen funktioniert als Übersetzung (“prekäre Intellektuelle”) deshalb nicht, weil “prekär” wohl eher Eigenschaft von Situationen oder Konstellationen ist, nicht aber von Personen; außerdem bleibt da noch die mißliche Konnotation von “prekär” als “schwierig, heikel” (“schwieriger Intellektueller”) im Raum, die mit dem französischen Ausdruck wohl nicht gemeint ist, oder? Abgesehen davon scheint mir, dass das französische “intello” nicht so ganz die ehrwürdigen/anspruchsvollen Konnotationen hat wie das gewichtige deutsche “Intellektuelle”. Ende der Sprachanmerkung
Sozialer Status und ökonomische Realität dieser Intelligenzarbeiter in unsicheren Verhältnissen klaffen auseinander. Politische organisiert waren sie bislang nicht, einerseits (so die Autorinnen), weil sie ihre Lage als unbefriedigende Übergangsphase sehen (wollen), in der sich Engagement nicht lohnt, andererseits, weil die klassischen politischen Organisationsformen (Gewerkschaften, Parteien) für sie keinen Platz haben (oder zumindest so gesehen werden?). Auch das despektierliche Verhalten der Babyboom-Generation, die jetzt in den festen Sesseln sitzt und es den Nachkommenden verdammt schwer macht, sich auch nur Regiestühle zu erarbeiten, wird behandelt. Das Buch soll sich gut lesen lassen, lebhaft und witzig geschrieben sein.
na, das mit den regiestühlen wollen wir doch mal sehen. "miserable materielle ausstattung" trifft es aber sehr gut - ich hab gerade wieder einen neuen lotto-versuch gestartet. nach mehreren gesprächen mit verschiedenen leuten meiner "neuen klasse" weiß ich, daß lotto-gewinne die einzig überzeugende zukunftsperspektive darstellen. viel geld = freiheit.
isore (Jul 6, 09:09 pm) #