Dumm oder eingedampft?
An einem sehr diesig-dunstigen Nachmittag durchs Museum für Hamburgische Geschichte spaziert. Der diesige Dunst führte zu einer gewissen Dasigkeit meinerseits, sodass ich die Abteilung 20. Jahrhundert vom falschen Ende her durchspazierte, ohne freilich bei Entdecken des chronologischen Irrtums in der Lage zu sein, das richtige Ende und dessen Zugänglichkeit zu entdecken. Seisdrum.
Da gibt es dann also viel Technologie und Umweltschutz und Wasserschutz und Handel und Wirtschaft. Stadt-Dioramen und Dampfmaschinen, Modelle von Elektro-Dingsbums-Metern, mit denen Teilchen beschleunigt und vermessen werden, Schiffe. Viele Schiffe.
Irgendwo zwischendrin zwei Weltkriege, die aber nur in kleinen Schrifttafeln vor auf große Tafeln aufgezogenen Schwarzweißfotocollagen abgehandelt werden.
Panzer, Flugzeuge, Eisenbahn – als wäre Geschichte eine Frage technischer, vor allem: transporttechnischer, Entwicklungszusammenhänge. Kurze Texte über den Nationalsozialismus, auch da geht’s mehr um Industrie und Wirtschaft als um sonstwas, deucht mir.
Über die Zeit vor dem und um den Ersten Weltkrieg steht mehr da, auch Sozialgeschichtliches, von wegen Bevölkerungsanstieg durch Industrialisierung und daraus resultierende verheerende Wohnverhältnisse, Choleraepidemien, und so weiter. Im oberen Stock gibt es eine eigene Abteilung “Juden in Hamburg”, aber zur politischen Geschichte des Nationalsozialismus in dieser Stadt, dazu fand ich nix.
Auf der Homepage des Museums stehen übrigens so brave Vermittlungstexte über Nationalsozialismus, die ich im Museum selbst gar nicht sah. Aber auch da: kein Stadtbezug. Hab ich was übersehen, wg Dummheit oder Gehirneindampfung?
Eigenartig auch die Diskrepanz zwischen Beschreibungstexten, an die Wände geheftet, und Multimedia-Museumsrundgang, auf PC-Terminals abrufbar: Während erstere den Besucher mit Fachausdrücken aus Schifffahrt, Textilhandwerk und mittelalterlicher Architektur zudampfen, halten letztere ihn durch Quasi-Kindleinsprache für dümmer, als er sein kann (Abteilung “im Mittelalter gab es noch keine Autos”).