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- 29 04 2003 - 22:52 - katatonik

Der Hinman-Collator


Kollationsmaschine, konstruiert von Charlton Hinman, für die so genannte “interne Kollation”: den Abgleich zweier Druckexemplare des gleichen Textes. Interne Kollation ist nützlich zur Aufdeckung so genannter Doppeldrucke, die etwa bei Ausgaben deutscher Klassiker des 19. Jahrhunderts häufig vorkommen: Einzelne Sätze im Text unterscheiden sich.

Auch die bereits früher üblichen “Presskorrekturen” kann man so entdecken. Noch im 18. Jahrhundert wurden in Europa Korrekturen nicht vom Autor gelesen – also wurden keine “Korrekturfahnen” im heutigen Sinn hergestellt -, sondern von einem Hauskorrektor der Druckerei, und zwar während des Druckprozesses selbst. Entdeckte der Korrektor Fehler (bzw. glaubte er welche zu entdecken), wurde der Druck angehalten und der Satz geändert. Es kann also eine Seite in mehreren “Zuständen” existieren, die unter Umständen alle in verschiedenen Exemplaren erhalten sind. Trotz veränderter Druckvorgänge lassen sich ähnliche Phänomene auch im 19. und noch im 20. Jahrhundert nachweisen.

Hinman entwickelte den “collator” zum Vergleich von mehr als 80 Exemplaren der ersten Folio-Ausgabe von Shakespeares Werken aus dem Jahr 1623. Aber auch seine Zeit in der US-Navy spielte dabei eine Rolle: Es galt, aus gleicher Position aufgenommene Aufklärungsphotos zu vergleichen, um zu entdecken, ob der Feind etwa zerstörte Anlagen wiederhergestellt hatte.

Der “Hinman-Collator”, erstmals publiziert beschrieben 1955, ermöglicht Grobvergleich, indem die beiden Druckseiten überblendet werden. Durch raschen Wechsel der beiden Bilder – filmgleich – wird die Erkennung auch feinerer Unterschiede wie etwa “der” vs. “dre” oder Semikolon vs. Doppelpunkt möglich.

1971 existierten (nach Fabian/Kranz, siehe unten) ca. 40 Exemplare des Hinman-Collators, drei davon in Europa (London/British Museum, Edinburgh/Universitätsbibliothek, Münster/Forschungsinstitut für Handschriftenkunde und Buchwissenschaft der Universität). 1999 berichtet Hardy M. Cook in einem Posting auf “SHAKESPER” (Global Electronic Shakespeare Conference) von 44 Exemplaren.

Bereits 1911 empfahl G.A.E. Bogeng unter Bezug auf W.H. Dove, “Optische Studien”, Berlin 1859, und Th. Hartwig, “Das Stereoskop und seine Anwendungen”, Leipzig 1907, die Verwendung des Stereoskops für die Identifikation von Doppeldrucken. (Aus: Fabian/Kranz 1971, siehe unten).

Quellen:
Bernhard Fabian/Dieter Kranz: “Interne Kollation. Eine Einführung in die maschinelle Textvergleichung”.

John H. Lienhard, The Hinman Collator (mit Audio, aus der Serie “Engines of Our Ingenuity”).

Kathleen Ferguson Jump, Illuminating reflections. Text über weiter entwickelte Kollatoren und ihre Anwendung (Univ. of Virginia)


Wo diese Geräte heute wohl herumstehen mögen?

gHack (Apr 30, 12:14 am) #


flohmarkt

stickyshanghai (May 3, 04:37 pm) #

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