Dürftigkeit im Dürfen
Im Fernsehen sprach jemand unlängst mit Elfriede Jelinek, deren neues Stück “Tod in den Alpen” vom Seilbahnungück in Kaprun am 11.11.2000 handelt und dieses in Zusammenhang mit der Massenvernichtung von Menschen im Nationalsozialismus stellt.
Im Fernsehn frug der Jemand also Frau Jelinek, ob man das dürfe, sowas, wobei das “Sowas” entweder meinem Gedächtnis oder seiner Aufmerksamkeit entglitt.
Frau Jelinek: Ja, also, da sei dann Schluß mit der politischen Korrektheit, da müsse der Künstler drüber hinweggehen, es gehe darum, das, worüber in diesem Land (= Österreich) stets geschwiegen werde, immer wieder und wieder zu sagen.
Ich kenne das Stück nicht, aber diese Unterhaltung bestach unabhängig von seine Qualitäten durch gleichmäßig verteilten Nervungsgehalt:
Erstens: Warum fragt der Jemand, ob man das darf? Warum fragt er nicht, was der künstlerische, politische usw. Wert gerade dieser spezifischen Form von Inbeziehungsetzung von Unfalltod und Massenvernichtung ist?
Zweitens: Warum kommt Jelinek auf die Idee, das Immerwieder-Hinweisen auf KZ-Opfer wäre ein Überschreiten politischer Korrektheitsgrenzen? Und warum begnügt sie sich damit, ihr Stück im Brustton der Manwirddochwohlnoch- bzw. Manmußdochsogar-Reflexhaftigkeit zu verteidigen?
Ich frage mich ja immer häufiger bei Gelegenheiten, wo jemand mit einem “Dürfens denn des” daherkommt, ob nicht diese dürftige Dürfensbesessenheit nicht eigentlich dazu dient, die mangelnde Sinnhaftigkeit oder Qualität des nämlichen Tuns zu überdecken. Ich bevorzuge eben statt des “dürfens denn des” ein einfaches, naiv hingehauchtes “was machen die da eigentlich?” bzw. ein gequaktes “warum machen die das denn?”