Vom falschen Anti und perversen Kombinationen
”... diese (ein europäisches Netzwerk der Anti-Globalisierungsbewegung bzw. eine europäische Anti-Globalisierungspartei) müssten den Mut und die Kraft aufbringen, die Illusion des falschen protektionistischen Anti der Anti-Globalisierungsbewegung aufzubrechen und für ein weltoffenes, die Andersheit der Anderen bejahendes, kosmopolitisches Europa zu streiten”.
Der Schlußsatz eines Textes von Ulrich Beck über das “Globalisierungsparadox” (Süddeutsche Zeitung, 9./10.11.2002).
Darin auch:
“In der Tat zeichnen sich ja bereits heute perverse Kombinationen einer Politik der weltoffenen Märkte und der staatlich propagierten Fremdenfeindlichkeit ab. Nach außen, gegenüber den Weltmärkten, verhält man sich adaptiv, nach innen autorität. Für die Globalisierungsgewinner ist der Neoliberalismus zuständig, für die Globalisierungsverlierer schürt man Fremdenängste und verabreicht dosiert das Gift der Reethnisierung.”
Gerade vorhin lief ein halbstündiges Interview mit Ulrich Beck zur Globalisierung im DLF. Sehr interessante Thesen. Ich gehe nur nicht mit ihm konform, wenn er meint, man müsse in Deutschland mal so richtig dreinschlagen und zum Beispiel das Verhältniswahlrecht durch ein Mehrheitswahlrecht nach GB-Vorbild ersetzen, weil dies klarere Mehrheiten erzwinge und der Regierung grössere Spielräume gebe. Seine Grundaussage war, dass die meisten Akteure immer noch auf Ebene der Nationalstaaten dächten, obwohl diese schon längst dysfunktional seien. Er berichtete auch von einem Soziologenkongress, den er unlängst organisiert hätte. Dabei sei herausgekommen, dass die Wissenschaftler aus den "Entwicklungsländern" selbst voller Hass auf die Alpha-Nationen seien. Man liesse sich nicht dauernd die Diskurse der "ersten Welt" aufzwingen. Der Druck im Kessel steigt. Ich hoffe, der DLF veröffentlicht das Manuskript. Beck hat auch ein neues Buch zu dem Thema veröffentlicht.
gHack (Nov 10, 10:24 pm) #
Danke, hätte mich heute wohl doch besser für Qualitätsradio anstelle von Junkfernsehen entscheiden sollen. Die Forderung nach Mehrheitswahlrecht habe ich unlängst auch in einem Gastkommentar in der SZ gelesen. Ist das die demokratiepolitische Umsetzung der Starken-Mann-Sehnsucht?
Ich finde das Verhältniswahlrecht auf jeden Fall besser als das Mehrheitswahlrecht, solange es mit einer 5-Prozent-Hürde gekoppelt ist. Das hat sich als stabil erwiesen und man sollte dabei bleiben. Was ich mir zuweilen denke ist, dass man die Landtagswahlen synchronisieren könnte, damit nicht _dauernd_ Wahlkampf ist. Durch den permanenten Wahlkampf wird die Politik wirklich gelähmt. Zur Sehnsucht nach dem starken Mann in den deutschen Medien würde ich gerne eine Studie machen. Die geisseln nämlich _alle_ innerparteiliche Anzeichen von Demokratie als Schwäche und lieben die Zuspitzung auf zwei, drei aufgepumpte Figuren. Das geht von "Bild" über die "FAZ" bis zur "SZ" und gar zur "taz".
gHack (Nov 10, 10:47 pm) #
Das ist in Österreich nicht anders. Meinungsdifferenz innerhalb von Parteien gilt als Krisensymptom: "Ihr Parteichef sagt aber was anderes!"
Herr Beck hat in D als Liebling des Feujotongs einen schweren Stand wegen Neid der Kollegen.
Haha. Das hat Beck schon gesagt, als ich Anfang der 90er bei ihm in München studiert habe.
gHack (Nov 16, 06:36 pm) #