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- 8 02 2003 - 21:07 - katatonik

Aus religionswissenschaftlicher Sicht

“Aus religionswissenschaftlicher Sicht regiert im Weißen Haus der Prämillenarismus.”
Hans G. Kippenberg in der Süddeutschen Zeitung.

Wechselseitige Legitimierung von Politik und Religion in den USA schon bei Tocqueville vermerkt (bemerkt), zentrale politische Bauten Washingtons römischen Tempeln nachgestellt, alles Ikonen, auch im Film wirksam (-> “Independence Day”), Interpretation des Attentats vom 11.9.2001 als Angriff auf die Menschheit überhaupt, der Prämilleniarismus des John Nelson Darby.

Es gibt so eine Art, wie Geisteswissenschaftler Texte für die Öffentlichkeit schreiben. Die Wissenschaftler entwickeln ihre Thesen. Sie haben Quellen. Sie graben in den Eingeweiden (meist sprachlicher Natur) der Geschichte.

Doch halt! Man kann der Öffentlichkeit nicht mit detaillierten entwicklungsgeschichtlichen, begriffsanalytischen, eingeweidegraberischen Studien gegenübertreten. Das wollen die Zeitungsredaktionen nicht. (Das denken die Geisteswissenschaftler.)

Die Öffentlichkeit braucht Bilder. Man sieht sich also bei Filmen um, überlegt in Richtung Architektur, was Plastisches fürs Volk also, und reiht dann aneinander, im Vertrauen, die entwickelte These möge sich dergestalt verplastisieren.

Die Argumentation bleibt außen vor. Die Illustration geht in den Text.

Es entstehen Texte, die im guten Glauben an die Notwendigkeit plastisch pädagogischer Mittel sachlich Wasser lassen: Da die Argumentation nicht vorkommt, sich der Leser aber – man liest ja den Zeitungstext eines ausgewiesenen Wissenschaftlers – Argumentation erwarten, übernimmt die Illustration die Funktion der vorenthaltenen Argumentation.

Und dann kommen die Fragen.

Politische Bauten wie römische Tempel und daher mit religiöser Bedeutung versehen? Nix mit Neoklassizismus, Ringstraße, Adaption, Neubelegung antiker Formen mit weltlicher Bedeutung? Wurden die Bauten etwa von Dubya persönlich in Auftrag gegeben?

Ikonen und Film? Daran denken, dass Symbolkraft nicht ausschließlich religiösen Zusammenhängen vorbehalten ist? Dass Säkularität bzw. die Domäne der Politik nicht frei vom Symbolischen ist? Den gleichlautenden Wörtlein (katatonisches Lexikon: “Ikon/-e”, (a) griech.-orthodox.: Heiligenbildnis, (b) semiot.: Abbild des Bezeichneten mit zumindest sehr hohem Ähnlichkeitsgrad) nicht auf den Leim gehen?

Und so weiter.

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