Vom Anscheinenden
Dass sich eine sich anscheinend (nur kurze Clips gesehen) distinguiert gebende indische Schauspielerin auf die Teilnahme an einer Reality-TV-Show einlässt, die sich anscheinend zuvor nie gesehen hat, ist merkwürdig. Warum macht sie so etwas? Was hat man ihr erzählt, versprochen, wie lief der Deal?
Dass diese Schauspielerin dann also von den residierenden celebrities, anscheinend tw. chavs, beleidigt wird, anscheinend auch, weil die nicht damit zurecht kommen, dass es besser gestellte InderInnen gibt als sie, die irgendwie auch gebildeter sind und sich besser zu artikulieren wissen, das ist auch interessant.
Aber es bringt nichts Neues. Eigentlich gar nichts. Es ist eigentlich so, wie man es sich vorstellt, und worüber sich schon goodness, gracious, me lustig gemacht hat. Der neue Inder gilt dem alten Briten als Slumbewohner oder unterklassiger Gastarbeiter. Mit der indischen Mittel- oder klar Oberklasse kommt man gerade als britische/-r Unterklasseangehörige/r nicht zurechtkommt.
Diese ganze Empörung über Big Brother ausgerechnet wegen rassistischer Beleidigungen ist schwer nachvollziehbar. Big Brother lebt von Drama & Trauma, und das schliesst Beleidigung, Erniedrigung und Demütigung mit ein. Dass die Erniedrigung rassistische Dimensionen annimmt, ist kaum verwunderlich. Sie hat anscheinend auch schon sexistische Dimensionen angenommen, aber das ist anscheinend weniger Aufregung wert.
Interessant zu beobachten deucht mir hingegen gerade dieser Schritt: Ab wann sprechen Medien sowie AkteurInnen von rassistischen Aussagen? Diese Diskussionen, naja, bisher ging’s noch um Kultur oder Klasse, aber ab diesem Punkt wurd’s rassistisch? Diese Verwirrungen, diese Kämpfe um Begriffe, das Symbolische. Und diese besondere, ominöse Verwendung des Worts “rassistisch”: als ob dieses Verdikt ein Vergehen, eine verwerfliche Aussage, plötzlich in eine ganz andere Liga transportiert, mit anderer Aura versieht, in ein anderes Univesum tritt. Wieso eigentlich?
(Ich frage mich aber immer noch: Was hat man Shilpa Shetty eigentlich davon erzählt, worauf sie sich da einlässt?)
(Hey, Ken Russell scheint da ja auch dabei zu sein. Das ist jenseitiger, als ich zu denken gewagt hätte.)
Etwas als rassistisch zu bezeichnen, kann ja immerhin den Vorteil haben, dass man den jeweils “zu verteidigenden Anderen” trotzdem im “Lager gegenüber” belässt. Jemandem Rassismus vorzuwerfen, heißt ja noch nicht, dass man dessen Grundannahme, es gäbe Rassen, infragestellt.