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- 11 04 2002 - 11:13 - katatonik

Israel

Wie ist die Situation in Israel und in Palästina?

Schrecklich. In Palästina sind praktisch alle Städte und Dörfer besetzt. Keiner darf auf die Straße. Wer sich heraustraut, auf den wird geschossen. Die israelische Armee hat Autos, Strommasten, Wasserleitungen zerstört, in vielen Stadtteilen gibt es kein Wasser und keine Elektrizität. Den Krankenhäusern gehen die Medikamente aus. Verletzte können nicht ins Krankenhaus, weil Rettungswagen systematisch beschossen werden. Journalisten lässt man nicht in die besetzten Gebiete, und da muss man sich fragen, was unser Militär verstecken will. Eine Gruppe ausländischer Journalisten hat versucht, zum belagerten Hauptquartier von Yassir Arafat zu gehen, um über das Treffen zwischen dem amerikanischen General Zinni und Arafat zu berichten. Die sind von unserer Armee mit Schockgranaten beschossen worden. Das ist fast in allen palästinensischen Gebieten so. Aus Nablus haben wir heute Nacht einen SOS-Anruf von Kollegen bekommen, die unter Bombardement stehen.

Wie sehen die Israelis die Situation?

In Israel herrscht Verwirrung. Die Leute wissen nicht, was sie denken sollen. Die meisten wollen keinen Krieg, aber sie wissen auch nicht, was sie sonst tun sollen, und werden von einer Regierungspropaganda überschwemmt, die in unserer Geschichte beispiellos ist. Alle israelischen Medien stehen einstimmig hinter dieser rechtsradikalen Regierung und plappern nach, was die Regierungs- und Armeesprecher ihnen vorplappern. Es gibt überhaupt keine Opposition in den Medien. Vor wenigen Tagen hat Sharon ein Abkommen mit der national-religiösen Partei Mafdal, einer noch ultra-ultra-rechtsradikaleren Partei, gemacht, die einen neuen Führer hat – ich sage “Führer” mit Bedacht, weil das ein Mann ist, gegen den Jörg Haider im Vergleich ein Waisenknabe ist. Ein ehemaliger General, der öffentlich predigt, alle Palästinenser aus Palästina hinauszuwerfen, und der eine Kriegsführung befürwortet, die hart an Kriegsverbrechen grenzt.
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Wie sollte Israel ihrer Meinung nach mit palästinensischem Extremismus umgehen?

Die Palästinenser wollen eine Lösung. Sie wollen einen Staat Palästina auf allen palästinensischen Gebieten – dabei muss man bedenken, dass alle palästinensischen Gebiete 22 Prozent des ehemaligen Landes Palästina ausmachen. Israel hat 78 Prozent des Landes in die Hand bekommen, und die Palästinenser erkennen das an. Die Palästinenser wollen, dass die Grenzen von 1967 wiederhergestellt werden, dass Jerusalem die gemeinsame Hauptstadt wird, dass alle israelischen Siedlungen aus den palästinensischen Gebieten abgezogen werden und dass wir eine praktische und vernünftige Lösung für die Flüchtlingsfrage finden, die auch für Israel annehmbar ist.

Ist der Hass vieler Ihrer Landsleute gegen die Palästinenser aufgrund dieser Selbstmordattentate nicht nachvollziehbar?

Die Wut ist natürlich verständlich. Ein sehr guter Freund von mir ist vor ein paar Tagen bei einem dieser Terrorakte umgekommen. Ich selbst wohne über einem Supermarkt – und Supermärkte sind bevorzugte Ziele. Wir sind alle in Gefahr. Und natürlich sind viele Leute wütend. Sie können sich ja nicht vorstellen, dass zur selben Zeit nicht vier, sondern vierzig Palästinenser umkommen. Die haben ja keine Ahnung, was in den besetzten Gebieten passiert, die Information wird ihnen doch vorenthalten.
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Glauben Sie noch an eine friedliche Lösung des Konflikts?

Es gibt immer Hoffnung, denn beide Völker haben keine Alternative. Wir können die Palästinenser nicht aus dem Land vertreiben, obwohl viele das sehr gern möchten, inklusive unserem Ministerpräsidenten. Und die Palästinenser werden uns nicht aus dem Land vertreiben.

Uri Averny im Interview mit Dana Charkasi und Nina Horaczek, veröffentlicht am 10.4.2002.

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