Meanwhile, over there
“They have been eminently successful in turning naked repression into a question of etiquette, and they can take pleasure in observing how polite Westerners, so open-minded about everything alien, time and again fall into the “culture trap,” how they are so fearful of being politically incorrect that they excuse even the most uncouth and blatant despotism. Especially in Europe, there has developed a devastating culture of all-too-rapid “understanding,” a virtual race to explain and forgive, fatally reminiscent of the gestures of appeasement which preceded World War II. What is particularly incomprehensible is the attitude of leftist and liberal intellectuals. A community which rightfully fights to insure that Auschwitz does not disappear from public discourse, which once became justly heated about the dictatorships in Latin America, which today is properly attentive to and suspicious of the rising tide of right-wing populism – this community ignores the unspeakable things that happen day after day in China.”
Ulrich Schmid, “The West’s Unnecessary Kowtow to the Chinese Communists”.
Haha. Man musste nicht nett zu südamerikanischen Diktatoren sein, weil man mit denen keine so guten Geschäfte machen konnte, wie mit den Chinesen.
gHack (Jul 14, 02:22 pm) #
Klar. Ich finde den Text mit seiner ganzen heftigen Wut übrigens ausgezeichnet, auch wenn er, was das Verhältnis der Linken zu China angeht, Etliches ausläßt. Die Erwartung, dass verstärkter Handel mit China und daraus resultierender wirtschaftlicher Aufschwung dort die Entwicklung demokratischer Strukturen begünstigt, ist bislang durch überhaupt nichts bestätigt. Wenn man heute das Verhältnis zwischen Kapitalismus und (Fehlen von) Demokratie studieren möchte, ist wohl die Volksrepublik China das ideale Studienobjekt.
Und gleiches gilt für die ehemalige UdSSR: Formell zwar mittlerweile recht nah dran an den westlichen Demokratien, bleibt Russland weiterhin für jeden ein gefährliches Pflaster, der eine abweichende Meinung vertritt oder sich den Geschäftemachern in den Weg stellt. Der Schmid-Text erinnert mich an die Argumentation in Alain Finkielkrauts "Niederlage des Denkens": Der Westen mache sich schuldig, wenn er Menschenrechtsverletzungen mit der verständnisvollen Attitüde "Andere Länder, andere Sitten" begegne; auf universalistischen Ideen der Aufklärung und der Menschenrechte müsse bestanden werden.
Ich habe allerdings den Eindruck, dem Schmid-Text geht es nicht so sehr um ein Bestehen am Grundsätzlichen, sondern um ein Zurkenntnisnehmen einer sozialen/politischen Wirklichkeit - die westlichen Würdenträger müßten ja nur einmal das reale China hinter Parteipomp & Zentralkomiteeritualistik sehen, und die Rhetorik der "asiatischen Werte", derzufolge das chinesische Volk kulturell eben nicht für die Einführung der Demokratie bereit wäre, durch Kontakt mit chinesischen Dissidenten durchbrechen. Finkielkraut habe ich nicht gelesen; weiß also nicht, ob es da eher um's Grundsätzliche oder ums Empirische geht.
Eine wichtige Beobachtung ist in dem Zusammenhang immer wieder, dass der relativistische Diskurs letztlich genau den fortschrittlichen Kräften in Gesellschaften wie China, Singapur, Indien, usw., ins Gesicht fährt, die man ja an sich fördern möchte: Die ersten, die leiden, wenn bestimmte Theoretiker auftreten und sagen, der böse Westen dürfe den Osten nicht mit seinen universalistischen Werten kolonisieren, sind genau die demokratischen Kräfte, die's dort schon gibt. Die ersten, die Relativismus ernstnehmen, sind die Diktatoren.
am peinlichsten finde ich in diesem Zusammenhang auch das heuchlerische Verhalten hier in den USA:
das kleine Kuba wird weiterhin verteufelt, und im Rüstungsetat stehen seit 20 Jahren inkrementierend größere Summen um dieses kommunistische Bollwerk in Schach halten zu können (vermutlich hätte man mit all diesen Geldern Kuba schlicht kaufen können). China wird dagegen in die WTO aufgenommen und die zu erwartende Verkapitalisierung soll dann automatisch auch zu einer Modernisierung und Befreiung des Landes führen? Hat den keiner in Geschichte aufgepasst um zu wissen wohin Kolonialisierung geführt hat?
Noch schlimmer: diesen Humbug glaubt hier fast jeder, schließlich stehts so in der Zeitung und vor allem im Fernsehen.
FoxNews, MSNBC und CNN sagen Kuba ist böse und China ist gut, so einfach ist das.