Von der Vernunft
„Der Elefant hat einen langen Rüssel“ – „zo wa hana ga nagai“
Im japanischen Fernsehen befragt spätnachts eine japanische Frau einen japanische Herrn nach dem Typischen an der japanischen Sprache und damit auch am japanischen Denken. Der Herr ist irgendein Spezialist.
Der Spezialist nennt als Beispielssatz „zo wa hana ga takai“ (zeigt auf Tafel mit Beispielssatz).
Der Linguist würde dazu sagen: „Elefant+topic-marker – Rüssel+subject-marker – lang“, also übersetzt „was den Elefant als Thema angeht, so ist der (d.i. sein) Rüssel lang“.
Der Spezialist sagt: Man sehe an dem Beispielssatz, dass das Japanische (und die Japaner) vom Grossen ins Kleine gingen, was etwas sehr Vernünftiges an sich hätte. So verhielte es sich auch bei der Angabe von Adressen hier: Tokyo-to Shibuya 2-4-5 Nantoka-apaato 203. Erst wird die grösste Einheit erwähnt, die Stadt (Tokyo), dann die Blockangabe im kleineren Stadtgebiet (Shibuya 2-4-5), dann gegebenenfalls der Name des Mehrparteien-Wohnhauses und die Türnummer darin. Etwas sehr Vernünftiges, nicht?
Das hätte er, der Spezialist, auch mit einem französischen Freund besprochen, Herrn Gilles Deleuze. (Eingeblendet werden der Name des französischen Freundes in Katakana und seine Lebensdaten.) Der hätte das auch für sehr vernünftig gehalten, der französische Freund.
Die ausländischen Sprachen (gaikokugo) würden demgegenüber ja immer vom Kleinen ins Große gehen; das sehe man ja bei den Adressangaben: Erst Strasse und Hausnummer, dann Ort.
Der Spezialist und die ihn befragende, ihn benickende Frau einigen sich darauf, dass das Japanische und die Japaner vernünftig sind, und dass man, wenn man das Japanische und die Japaner näher besieht, wohl eine neue, interesante Vernunft entdecken könnte.