§209
§209 des österreichischen Strafgesetzbuches stellt Beziehungen zwischen Männern unter Strafe, wenn der eine älter als 19 und der andere jünger als 18 ist. Für Beziehungen zwischen Männern und Frauen bzw. zwischen zwei Frauen gilt hingegen ein Mindestalter von 14 Jahren. Die österreichische Journalistin Judith Brandner schreibt hier ausführlich über die zurzeit wieder etwas heftiger geführte Diskussion über §209, dessen Geschichte und Aussichten auf seine Abschaffung. Warum über diese Abschaffung noch diskutiert werden muß, ist mir schleierhaft – die Aufrechterhaltung dieses Paragraphen ist doch ohnehin nur durch ein Festhalten an purer Irrationalität erklärbar.
Begründet wurde die durch §209 enstehende Ungleichheit stets mit der “Prägetheorie”, derzufolge Jugendliche im “noch prägbaren Alter vor gleichgeschlechtlichen Erlebnissen geschützt werden, die sie auf Homosexualität festlegen könnten.” Aus guten Gründen gilt diese Theorie als überholt, scheint aber an unerwarteten Orten im Alltag immer wieder auf. Vor zwei Jahren saß ich in einem Französischkurs. Thema Ehe oder eheähnliche, rechtlich verbindliche Partnerschaft von Homosexuellen: keiner was dagegen, nicht viel Diskussion. Thema Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare: Stürme der Entrüstung. Er hätte ja nichts dagegen, so ein Kursteilnehmer, wenn Minderheiten geschützt würden – solange sie Minderheiten bleiben und sich nicht ausbreiten. Implizit die Annahme, dass sich Homosexualität wie ein Virus, wie eine Krankheit, ausbreitet – dass von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgezogene Kinder eben deswegen unweigerlich homosexuell würden.