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- 28 10 2001 - 01:36 - katatonik

“Porträt des Japaners”

“Er ist ein Mann von ungefähr vierzig Jahren. Er ist groß. Er hat ein ziemlich ‘verwestlichtes’ Gesicht.
Die Wahl eines japanischen Schauspielers westlichen Typs muß so verstanden werden:
Ein japanischer Schauspieler ausgesprochen japanischen Typs könnte zu der Annahme Anlaß geben, in erster Linie weil der Held ein Japaner ist sei die Französin von ihm eingenommen. So ginge man, man wolle es oder nicht, in die Falle des Exotismus, und in den unwillentlichen Rassismus, der notwendigerweise jedem Exotismus innewohnt.
Es darf nicht geschehen, dass der Zuschauer sage: “Was sind doch die Japaner verführerisch!”, sondern sie sollen sagen: “Was ist doch dieser Mann verführerisch!”
Daher ist es besser, den Typenunterschied zwischen den beiden Hauptpersonen abzuschwächen. Wenn der Zuschauer niemals vergißt, dass es sich um einen Japaner und eine Französin handelt, ist die tiefere Bedeutung des Films dahin. Wenn er es vergißt, ist dieser tiefere Sinn erreicht.
Herr Butterfly hat keinen Kurswert mehr. Auch Mademoiselle von Paris nicht. Man muß auf die egalitäre Funktion der modernen Welt setzen. Und sogar mogeln, um sie zu bezeugen. Wozu sonst überhaupt einen franco-japanischen Film drehen? Dieser Film darf niemals franco-japanisch erscheinen, sondern anti-franco-japanisch. Das erst wäre ein Sieg.”

Marguerite Duras, “Hiroshima mon amour”, Anweisungen im Anhang für die Auswahl des männlichen Hauptdarstellers zur Verfilmung durch Alain Resnais. Erstveröffentlichung 1960.

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