Unter Dänen
Der Kärntner Landeshauptmann hatte gestern vorgeschlagen, zweisprachige Ortstafeln in Kärnten zu entfernen und sich für Minderheitenregelungen das deutsch-dänische Grenzgebiet zum Vorbild zu nehmen, das heißt: die Regelungen für die dänischsprachige Minderheit im deutschen Staate. So lief’s den ganzen Tag rauf und runter, und ich lief den ganzen Tag hin und her und frug mich, wie’s denn so aussähe, das Modell mit den Dänen in Deutschland.
Keine im Tagesritual durchlaufene journalistische Quelle im Austroland bemühte sich, das Modell zu erklären. Somit blieb auch zumindest bei mir den ganzen Tag über der Anschein aufrecht, es gäbe da ein Modell, auf dass sich der Kärntner Landeshauptmann erstens bezieht und zweitens auch noch richtig bezieht – oder besser, wäre aufrecht geblieben, wenn nicht gerade bei mir gerade bezüglich dieser Person immer der Verdacht korrigierend wirken würde, dass das, worauf sie sich bezieht, selten so ist wie behauptet.
Im Standard ein Artikel, der allerdings eher die Situation beschreibt als die Regelung oder gar die Gesetze, auf denen sie basiert: Im deutsch-dänischen Grenzgebiet gäbe es keine zweisprachigen Ortstafeln, und die meisten Dänischsprecher in Deutschland würden das auch nicht wollen. Dann noch ein bisserl was zu Wahlrechtsklauseln (Fünfprozentklausel entfällt für dänische Minderheitsparteien), aber nichts darüber, was nun geltendes Recht bzw. praktische Regelung – im Unterschied zur Praxis selbst – in puncto topographische Markierungen, Sprachunterricht undsoweiter sei.
Wer in Österreich wissen möchte, was es mit von hiesigen Landeshauptleuten ins Spiel gebrachten europaweiten Analogien auf sich hat, muss offenbar auch europaweit lesen. Michael Frank in der Süddeutschen Zeitung:
“Im deutsch-dänischen Grenzgebiet gibt es tatsächlich keine Doppelbeschilderung für die jeweils dänische oder deutsche Volksgruppe im Nachbarland. Dies ist nach Auskunft des Südschleswigschen Wählerverbandes, der Dänen und Friesen im Landtag vertritt, nicht dekretiert worden. Vizefraktionschef Lars Harms sagte der Süddeutschen Zeitung, dies sei der freie Entschluss der jeweiligen Minderheitenbevölkerung gewesen. Entschlösse sich die Minderheit anders, bekäme sie solche Rechte. Friesische Orte in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen sowie Gemeinden der Sorben und Wenden im Osten Deutschlands werden doppelt beschildert und auch mit doppelten Wegweisern angezeigt. Das FPÖ-Generalsekretariat hatte behauptet, in Deutschland habe man grundsätzlich auf Doppelbeschilderungen verzichtet, um die Emotionen zu bändigen. Harms, selbst Friese, nannte es spontan eine „Sauerei“, einer Volksgruppe den Gebrauch ihrer Sprache, in welcher Form auch immer, verbieten zu wollen. Den Deutschsprachigen in Kärnten werde ja nichts genommen. Zweisprachigkeit sei in jeder Ausprägung ein Gewinn für alle und ein Zeichen europäischer Reife.”