Schmieren mit oder ohne Schleife?
Aus einem Interview mit Wolfgang Schaupensteiner (WS), Frankfurter Staatsanwalt und “Deutschlands bekanntester Korruptionsermittler”, im Magazin der Süddeutschen Zeitung, 9.11.2001 (nicht online)
WS: ... ich mache das jetzt seit 14 Jahren und leider ist mein Eindruck, dass die Korruption weiter zunimmt. Die Fantasie der Kriminellen ist enorm.
SZ: Wenn wir uns hier so umschauen: Für die Bestechungsgeschenke gilt das nicht. Goldarmbänder, seltene Münzen – teuer, aber wenig originell.
WS: Sagen Sie das nicht. Ein Mitarbeiter hat zum Beispiel jahrelang kostenlos Heizöl bekommen. Oder denken Sie nur an den Abteilungsleiter im Gartenamt, “Don” Alfonso Weil: Der hat Bauunternehmen wertvolle Aufträge zugeschanzt, dafür haben die ihm unter anderem die Beerdigung seiner Mutter bezahlt. Und ein Beamter hat sich seine Puppensammlung finanzieren lassen. Eine von denen ist rund achthundert Mark wert und er hatte vier auf jeder Stufe. Schön aufgereiht auf der Treppe in seinem Haus.
SZ: Wie sieht denn aus Ihrer Erfahrung das ideale Bestechungsgeschenk aus?
WS: Eigentlich ist es wie mit jedem Geschenk, es muss den Empfänger überzeugen, Freude machen. Deshalb darf es nicht zu billig sein. Sonst bekommen Sie nicht das, was Sie damit erreichen wollen. Es darf aber auch nicht zu wertvoll sein. Denn sonst verderben Sie die Preise.
SZ: Sollte man es verpacken?
WS: Man darf einem Bestechungsgeschenk den Zweck nicht sofort ansehen. Deshalb sollte es unbedingt verpackt sein. Anders ist es in der Baubranche, dort ist man ganz direkt. Schleifen sind da überflüssig.