Hoffen und Beten
Hans Dichand, Herausgeber der österreichischen “KronenZeitung”, beschreibt anläßlich des “Bild”-Geburtstags das Blatt, das Volk & den Boulevard. Auszug:
“Einige Redakteure der “Krone”, wie Günther Nenning oder Ernst Trost, könnten genausogut bei der deutschen Tageszeitung Nummer eins, der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, schreiben.
Die Komplexität österreichisch-deutscher Beziehungen läßt sich anschaulich mit dem Reflex illustrieren, dass man inständig hofft und inbrünstig betet, Dichand möge damit Unrecht haben.
Es dürfte unwahrscheinlich sein, dass in der Kronen-Zeitung ein Buch deshalb nicht abgedruckt wird, weil es einen Hauch von modrigem Antisemitismus transportiert. Allein schon aus praktischen Gründen: Die verwendeten Lettern sind so gross, dass selbst ein Abdruck der nur auf 150 Seiten walsernden Novelle einige Jahrgänge dieses Blatts in Anspruch nehmen dürfte. Andererseits könnte man die schleimigen Sexszenen hervorragend bebildern.
gHack (Jul 1, 12:35 pm) #
Ich glaube, das einzige, was die KronenZeitung vorabdruckt, sind Bücher von Georg Markus. Titelauswahl: "Tausend Jahre Kaiserschmarrn. Eine satirische Geschichte Österreichs", "Es hat uns sehr gefreut - Die besten Anekdoten Österreichs", "Die Enkel der Tante Jolesch und andere Geschichten von Originalen und Zeitgenossen", "Katharina Schratt - die zweite Frau des Kaisers", "Sie werden lachen, es ist ernst - Österreichischer Witz in unserem Jahrhundert", "Geschichten der Geschichte - Unvergessliches von Kaisern, Käuzen, großen Künstlern und kleinen Leuten".
Hm. Wie wär's dann mit "Tod eines Habsburgers - Vom Cabriofahren in Sarajewo wird abgeraten"?
gHack (Jul 1, 01:27 pm) #
"Sarajewo Cabrio" wäre in der Tat ein nicht unwitziger Name für eine Austro-Unterhaltungsmusikkapelle.
Haha! Und nicht nur Franz-Ferdinand fuhr Cabrio! Gibt es da nicht auch dieses wunderbare Foto mit den beiden strammen Burschen im Porsche?
gHack (Jul 1, 03:34 pm) #
Ich verfolge die Nenning-Serie "Krone der Dichtung" (die heißt wirklich so!) mit einem gewissen frivolen Interesse. Kurz gesagt erachtet er Literatur dann als lesenswert, wenn sie zwei Bedingungen erfüllt: Anschlussfähigkeit an einen wie immer gearteten Österreichpatriotismus und katholische Frömmigkeit (Stichwort "Herrgottswinkel" wie Günter Traxler einmal geschrieben hat). Irgendwie habe ich Nenning sympathischer in Erinnerung. Ist schon einige Zeit her - so ca. 25-30 Jahre - daß er, wenn auch auf seine selbstverliebt-scherzende Art, links war. Aber vielleicht irre mich da...
Outing: Mit 14 Jahren saß ich an einem Lagerfeuer mit Günther Nenning. Diese Farbigkeit, das Ungestüme, das hat mich schon beeindruckt. Als seine Umgebung hassender Landteenager ist man ja leicht von etwas unkonventionellem Gehabe beeindruckbar. Ich lese Nenning schon lange nicht mehr. Mein dumpfes, stumpfes Nenning-Gedächtnis bringt jetzt auch nichts nennenswertes Inhaltliches hervor, das auf Nenning zurückzuführen wäre. Der KronenZeitungs-Schwenk bei ihm ist wohl, wenn man es recht bedenkt, auch nicht verwunderlich.