Alter o.ä.
Alter zeigt sich womöglich daran, dass man fürs Danach, im Anschluss an Beisammensein bei jemandem daheim (Abendessen mit Alkoholbegleitung, Gesprächskreis mit Alkoholnachbereitung, Nähkreis mit Alkoholunterfütterung u.dgl.), keine Sozialpläne (Konzert u.dgl.) mehr schmiedet, weil man die Dringlichkeit des Dabeiseinwollens nicht mehr ganz so drauf hat, weil man es respekt-, geschmack-, aber jedenfalls -los fände, Runden plötzlich wg. “jetzt müssen wir zum Konzert” aufzulösen, eines davon, vielleicht auch beides, oder mehr.
Mag sein. Dabeiseinwollen scheint in der Tat wohltuend weniger dringlich. Ein wenig aber hat es auch mit dem Neoliberalismus zu tun, find ich, dass alle immer am nächsten Tag fit sein und mit ihrem Geld haushalten möchten. So macht uns die Ökonomie älter, nicht die Biologie.
(man merkt das Alter u.a. auch daran, dass man 17 Mal an der Aufgabe “Please enter the code on the image” scheitert)
Mag sein. Ich persönlich ziehe es im konkreten Fall vor, eine Kombination aus biologischen Alterserscheinungen und Interessensverlagerungen verantwortlich zu machen. Früher hätte ich im Anschluss an ein wochentätiges Abendessen mit Alkoholbegleitung ohne weiteres ein Konzert mit Alkohldurchtränkung angehängt, und wahrscheinlich das Seminar am nächsten frühen Vormittag verkatert, aber doch recht gelassen besucht. (Hängengeblieben wäre wenig, aber dabei gewesen wäre ich überall, und das war scheinbar wichtig.)
Diese Doppelbefriedigung macht der Organismus nicht mehr mit (Biologie). Also fällt das Konzert flach (mehr Interesse am Seminar; Rumstehen, Rauch, Anrempelei, Biergeschütte, tja, nichts als Unannehmlichkeiten).
(Man könnte aber auch einfach weniger trinken. Abstriche. Ach, überall nur Abstriche.)
(Diese Image-Codes sind aber auch schwach sichtbar, ehrlich.)
(Wie elegant Sie “Abstriche” mit “Image-Codes” verbinden)
Es geht mir ja genau so, den Alkohol hab ich schon ganz drangegeben, Musik höre ich in der U-Bahn auf dem Weg zum Seminar, und bei einer deutlich jüngeren Bekannten musste ich mehrmals über das manische Dabeisein grinsen. Ein wenig neidisch war ich aber auch.
Dennoch, immer mehr jüngere und gleichaltrige Menschen lerne ich kennen, die mit ihrer Energie nach ökonomischer Kosten-Nutzen-Rechnung haushalten, die immerzu zu viel zu tun haben (egal, was sie denn konkret machen), als dass sie es sich erlauben könnten, exzessive Sozialpläne zu schmieden.
Es wäre dann auch interessant zu wissen, ob solch optimiertes Ausgehverhalten die Konzertveranstalter irgendwann dazu bewegt, bewegen könnte, ihre Veranstaltungen etwas früher beginnen zu lassen. Denn auch das ein verlässlicher Indikator des Alterns: Empörung darüber, dass für 21 Uhr angekündigte Konzerte frühestens um 23 Uhr beginnen.
Seufz, als erfahrener Fünfsternealtersheimempfangssekretär kann ich Ihnen davon ein Lied singen, Madame. Hier beträgt die diesbzgl. Empörungsspanne den Zeitraum zwischen 19:00 Uhr und, wenn es hoch kommt (Silvester!) 20:30 Uhr. Also wenn das Abendessen mit der Medikamentenvergabe korreliert.
Nahrungsaufnahme, Abendessen, Medikamentenvergabe – als ich abends noch ausging und an Prestige glaubte, war es mir stets ein Genuss, die aus Prestigegründen gehaltenen jugendlichen Freunde in Restaurants (!) zur Nahrungsaufnahme (!) zu zwingen, bzw. dazu, mir bei ebendieser zuzusehen, während sie sich betranken (Medikamentenvergabe!). Ach, wie schön sie auf den ungewohnten Stühlen herumruckelten, ach, wie nervös sie wurden, wenn mein Messer die Geschwindigkeit von einem Schnitt pro Minute nicht überschreiten wollte!