Walking in parks
Nördlich des Schönbrunner Schlossparks (160 Hektar) liegt, von ihm durch den Wienfluss, durch breite Einfall- und Ausfallstraßen und einen riesigen Busparkplatz getrennt, der Auer-Welsbach-Park (110.520 m2). Während der Schlosspark kontinental-imperialen Barock atmet, wurde der Auer-Welsbach-Park 1890 als Landschaftspark im englischen Stil angelegt. Gehölzraritäten, erlaubte Stadtwildnis, eingezäunte Sportareale, Spielplätze, Bocciabahn, etwas Kunst.
“Die Flammenfrauen “Sarah” und “Johanna”, 2 aus Ton gefertigte Skulpturen, markieren die Fläche, in der Wildheit zugelassen wird und schlagen eine Brücke zwischen Mensch, Natur und Kunst. Sie wurden von der Künstlerin Charlotte Seidl geschaffen.” (Quelle)
Wie jeder Baum im öffentlichen Wiener Stadtraum hat auch jeder Baum im Auer-Welsbach-Park eine Nummer, über die man ihn im Online-Baumkataster der Stadt Wien identifizieren kann (wie so vieles andere Umweltgut). Der Schlosspark Schönbrunn gehört zu den Bundesgärten, wo andere Verhältnisse herrschen.
Um acht Uhr geht es noch, um neun zur Not auch noch; es gibt ja viel Schatten. Früher, um sieben Uhr, ist es freilich viel besser, kühler. Der Weg, im Stile des Nordic Walking zügig und mit Stöcken geschritten, führt an Straßen entlang und muss über sie hinweg, unter der Westbahntrasse durch, durch den Auer-Welsbach-Park (gestampfte, bucklige Erdwege, Kies) über leicht abschüssige Wiesen, offene Sicht. Selten sitzen Menschen an den verteilten Tischen um diese Uhrzeit; einer in gelber Warnweste und mit Bierdose vor sich. Die Sportanlage noch leer, am Basketballplatz ein junger Mann, irgendwo aus Ostasien, allein Bälle werfend, in entspannter Bewegung. Einer sammelt den Müll aus den Wiesen, von den Arealen um die alten Baumwurzeln (Trolli Saure Glühwürmchen), schon um halb sieben (Unterton der Anerkennung). Der Schatten kommt flächig von den riesigen Bäumen, von den hohen Büschen, von den auf der östlichen Seite des Parks hohen Gebäuden entlang der Winckelmannstraße.
Etwas weiter südlich, bei der U-Bahn-Station Schönbrunn, brennt an Blauhimmeltagen die Sonne durch den weiten, offenen Raum des Wientals. Beim Warten an der Kreuzung zum Zeitvertreib ein bisserl Wadenheben, rauf, runter, rauf, runter, einen Rhythmus finden. Auf der anderen Straßenseite direkt gegenüber wartet eine Touristenfamilie, vermutlich Vater, Sohn und Tochter, vermutlich aus einem mediterranen Land. Die Tochter, in ihren 20er Jahren, beginnt auch mit Wadenheben, rauf, runter, wir heben und senken beide unsere Waden, nicht im Gleichklang, sondern gegenläufig, während sie hebt, senke ich, während ich senke, hebt sie. Unsere Blicke finden sich, wir lächeln einander zu, je länger wir da so heben und senken, umso mehr lächeln und lachen wir, und dann, als es grün wird, gehen wir lachend aneinander vorbei.
Im Schlosspark werden die Gummipuffer von den Stöcken abgenommen, sodass die Metallspitzen blank bleiben. Man hat so besseren Halt im Kies der meisten Schlossparkwege, wo die Gummipuffer leicht wegrutschen. Man ist auch lauter, wenn das Metall auf Kies trifft. Das ist nicht dezent, nein. Ich nehme die Seitengänge der Doppelalleen (Linden, Rosskastanien, Spitzahorn, Hainbuchen, Sonstige), dann durch das Große Parterre über die Kiesflächen hinter dem Schloss, kurzer Seitenblick hin zum Neptunbrunnen, wo sich einmal ein Teichhuhn zeigte (sonst immer nur ein, zwei Stockenten). Mikroentscheidungen, wenn der Weg an Tourist*innen in Fotografierpose vorbeiführt: dahinter vorbei, davor vorbei, die reziproke Störwahrscheinlichkeit ist in allen Fällen hoch. Es ist aber mehr so ein Anstören, nicht ein Vollstören; es gibt ja genug Platz hier.
Am westlichen Ende des Großen Parterres die Statue des Meleager (Sterzinger Marmor, c. 1776), stolz über der Trophäe des erlegten kalydonischen Ebers, dessen Haupt aufs rechte Wangerl gelegt zu Meleagers Füßen ruht (man wird Meleager die Trophäe entwenden, er wird darob erzürnt Verwandte töten, darauf folgt Rache, darauf sein Tod; man kennt das).
Abbiegen in Seitengänge zwischen Heckenwänden und Spalieren (Hainbuchen, Feldahorn, Linden, Kastanien, Sonstige). Die Hecken werden zu Wänden rasiert, vor allem die wirklich hohen an den Hauptalleen (höchst informativ dazu: historische Technik zum Schnitt der Heckenwände). Es wächst etwas nach, gewiss. Die Kunst ist wohl, den Schnitt so durchzuführen, dass die Äste danach möglichst gleichmäßig nachwachsen, so eine Art Dreitagebart. Die gärtnerisch kuratierten Flächen und ihre pflanzlichen Gestaltungselemente werden in Elfriede Ibys “Park und Gärten von Schönbrunn” (2022) mit der gleichen Terminologie beschrieben wie Räumlichkeiten im Schloss: Gänge, Säle, Kabinette. (Leseprobe)
Zwischen zwei Bäumen hindurch, am Stamm des linken zwei braune Eichhörnchen, am Stamm des rechten noch eins; sie blicken mich an und laufen nicht weg (es ist 07:15). Der Sprühnebel der rotierenden, pulsierenden Rasensprenger erscheint glitzernd über einigen Heckenkanten. Duschlotterie (Jackpot: frontal durch den Nebel), unterdessen kitzeln die Schweißtropfen an der Rückenhaut, rhythmisch im Takt zum Sound in den Kopfhörern (Ein Mix von sma oder eine Playlist mit viel Automat, Jürgen Paape, Voigt & Voigt, Floating Points, Elektro Guzzi). Hier huscht ein Buchfink, dort schreitet eine Krähe, im linken Augenwinkel die typische Hopsbewegung einer sich davonmachenden Amsel. Einmal betrete ich einen anderen Seitengang als sonst, hinein in ein Kabinett, das wie ein ungenutztes Hinterzimmer wirkt. Auf einer Bank bedeckt ein geöffneter Steppdecken-Schlafsack eine liegende Figur, ganz. Unverzüglich lasse ich die Stöcke in der Luft schweben und rolle die Fußsohlen sanfter ab statt fest aufzutreten. Ich betrete das Kabinett an den folgenden Morgen nicht mehr.
In der Frührunde fahren langsam utility trucks durch die Alleen, deren Fahrer sich schon daran gewöhnt haben, dass die ja durchwegs Kopfhörer tragenden Sportelnden sie nicht hören. Der Park muss ja präpariert und repariert werden, so ein Schlosspark west nicht von alleine so adrett und grün vor sich hin. Unten an einigen Heckenrändern schmutziggelbe Schläuche. Keine automatischen Bewässerungsanlagen; sie müssen vielmehr aufgehoben werden, angeschlossen an Tankwagen. Wenn ich nach einer Dreiviertelstunde des Walkens in den gekiesten Ehrenhof komme, glänzen gerade noch die Tropfen im Rasen, die die Gießwägen verspritzt haben. Wo sie hinkommen, ist es grün; die Rasenflächen den Hügel zur Gloriette hinauf sind ab Juli fahl. Apokalyptischer Seitengedanke, wie sich das Grüne immer mehr auf die bezuschusst aufrechterhaltene Natur in der Stadt beschränken wird, auf die zu landwirtschaftlichen Zwecken bewässerte Natur am Land. Sich selbst überlassene Böden und Pflanzen dagegen — dann der Dürre überlassen.
Ein älteres Paar mit Nordic-Walking-Stöcken geht langsam in Freizeitkleidung mitten am Kiesweg, er so wie ein Foto meines Großvaters aus den 1970er Jahren, stämmig, üppig, weißes T-Shirt, das wie ein Unterhemd wirkt, locker wehende schwarze Bermudas, Hosenträger. Ein anderes älteres Paar ist flotter unterwegs, in Funktionskleidung, sie im pinken T-Shirt, er daneben im türkisen. Ein leicht Angegrauter mit Intellobrille hechelt mir einen Gruß zu, ich nicke lächelnd und total merkbefreit zurück. Who knows. Am Sonntag, etwas später gegen neun Uhr, sammeln sich Laufgruppen, junge Männer mit nackten Oberkörpern und trainierten Brustmuskeln, locker wehende schwarze Bermudas. Ein Typ hängt sich an einem in richtiger Höhe hängenden Ast den Rücken aus und schaut dabei den vorbeisportelnden Damen in glänzenden, engen Laufshorts nach. Sonntags an den Trinkbrunnen bei den historischen WC-Pavillons auch die Andeutung von Warteschlangen. Auf der Liegewiese, hinter Heckenumrandung, eine sich dehnende oder zu anderen Zwecken langsam bewegende Gruppe aus Menschen mittleren Alters mehrerlei Geschlechts. Es könnte Qi Gong sein. Beim Vorbeiwalken könnte Vieles Vieles sein.
Seitdem ich meinen neuen Gehstock auf mein-gehstock.de gekauft habe, mache ich noch lieber Spaziergänge. Er ist nicht nur stabil und bequem, sondern sieht auch richtig elegant aus – ich bekomme oft Komplimente dafür. Besonders bei längeren Ausflügen durch den Park oder bei kleinen Wanderungen gibt er mir Sicherheit und unterstützt meine Haltung. Ich hätte nicht gedacht, dass ein so schönes Accessoire meinen Alltag so sehr bereichern könnte. Klare Empfehlung für alle, die Stil und Funktion verbinden möchten!
jillian taylor (Aug 8, 05:28 pm) #