Reinigungsspezialisten
“Er verkehrt in Hamburgs höchsten Kreisen: »Sir« Henry Randmark. Dabei gibt er sich als ehemaliger US-Oberst und Vietnam-Veteran aus, geht sogar im US-Generalkonsulat an der Alster ein und aus. Seine Uniform, die er zu besonderen Anlässen gerne trägt, ist mit dekorativen Orden und US-Tapferkeitsauszeichnungen übersäht. Er ist Präsident des Hamburger »American-German-Business-Club« und arbeitet in Hamburg – oft auch in staatlichem Auftrag – als Reinigungsunternehmer. Hier gilt er als Spezialist für die Beseitigung von Graffitis auf öffentlichem Grund. Ferdinand Fürst von Bismarck zeichnet ihn gar für seine Verdienste um die Reinigung des Hamburger Bismarck-Denkmals mit dem Bismarck-Orden aus. Wie sich später herausstellt, der einzige Orden, den Randmark je wirklich verliehen bekommen hat.
Randmark verfügt über gute Drähte auch in die Hamburger Politik. Nach eigenen Angaben kennt er Ole von Beust bereits seit 1993 und ist mit Ronald Schill per Du. Im Juli 2001 bringt Randmark Schill im Szene-Club »Wollenberg« erstmals mit dem Hamburger FDP-Chef und späteren Koalitionspartner Rudolf Lange zusammen. Schill revanchiert sich für dessen Dienste. So verschafft er Randmark die Teilnahme am berühmten Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus und ehrt den angeblichen Amerikaner an dessen angeblichen 65. Geburtstag im Januar 2002 mit einer flammenden Rede. Auch Schills Lebensgefährtin Katrin Freund pflegt enge Verbindungen zu Randmark: Vor der Gründung der Schill-Partei hat sie im Vorstand des »American-German-Business-Club« gearbeitet; Randmark gilt als ihr »väterlicher Freund«. Im Hamburger Wahlkampf und auch später gibt sich Randmark öffentlich als »drogenpolitischer Berater« Schills aus, was dieser über Monate nicht dementiert. Dadurch auch als Rauschmittelexperte in die Gesellschaft eingeführt, organisiert Randmark im Februar 2002 im US-amerikanischen Generalkonsulat für gut hundert geladene Gäste einen Vortrag zum Thema »Drogenbekämpfung und Rehabilitation von Abhängigen«. Die Veranstaltung entpuppt sich zum Entsetzen vieler Zuhörer als Werbenummer für »Narconon«, das Drogenentzugsprogramm der Psycho-Sekte »Scientology«, über das diese neue Mitglieder rekrutiert.
Im März 2002 fliegt der Schwindel auf: Sämtliche biographischen Daten, mit denen sich Randmark den Zugang zur Hamburger Society und zu lukrativen Aufträgen für sein Unternehmen verschafft hat, sind frei erfunden. Randmark ist kein Amerikaner, sondern Lette, war nie Soldat und bekam deshalb auch niemals einen einzigen militärischen Orden verliehen. Seine Uniform, so beichtet er schließlich, habe er im Londoner Stadtteil Soho erworben, der Verkäufer habe ihm die Orden ans Revers geheftet. Seine amtlichen Papiere geben an, dass der Mann nicht 65 sondern zwölf Jahre älter ist. Und schließlich entpuppt Randmark sich als mehrfach vorbestrafter Krimineller. 1981 wurde er in Kopenhagen zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe wegen Urkundenfälschung und Diebstahl verurteilt, nachdem er versucht hatte, mit gestohlenen Blanko-Schecks Millionenbeträge abzuheben. Bereits in den 70er Jahren hatte der Hochstapler eine vierjährige Haftstrafe antreten müssen, weil er einen Komplizen angestiftet hatte, seine vor der Pleite stehende Klebstoff-Firma anzuzünden.
Kaum ist das Ehrenmitglied der feinen Hamburger Gesellschaft als krimineller Hochstapler entlarvt worden, will auch Schill Randmark nur flüchtig gekannt haben. Wie bei fast allen Personen aus seinem Umfeld, deren kriminelles Vorleben irgendwann bekannt wurde, geht Schill auf Distanz und dementiert jetzt, dass Randmark sein drogenpolitischer Berater gewesen sein soll.”
Aus: Marco Carini/Andreas Speit, “Ronald Schill. Der Rechtssprecher”. Hamburg 2002: Konkret Literatur Verlag, S.12
Hier ein Interview mit dem Ehepaar Randmark, in dem Herr Randmark unter anderem andeutet, durch einen geheimnisvollen Eid bis zu seinem Tode zum Schweigen verpflichtet zu sein. Man erfährt allerdings nicht, worüber, was vermutlich auch Teil des Eides ist.