Das Werk der Watte, möglicherweise
Halb Österreich hatte im Zug von Wien nach Westen einen Platz reserviert, und das um sieben Uhr früh. Im vordersten Waggon war nur noch ein Sitz neben einem alten Herrn frei, der von Wien bis Linz die KronenZeitung las.
Schräg gegenüber im Großraumwagen saßen zwei sympathisch aussehende Männer, die sich über Theater und Spielen und Kabarett unterhielten und wohl in diesem Bereich tätig sind. Der eine trug rosafarbene DocMartens-Schnürstiefel. Das hatte ich noch nie gesehen.
Knapp vor Abfahrt erschien die Nachwuchsmannschaft des Slovan HAC mit einem Trainer. Sie waren, wie sich herausstellen würde, zu einem Match nach Innsbruck unterwegs. Während die Buben in ihren blauen Trainingsanzügen noch ihre voluminösen Taschen verstauten, teilten drei Nonnen in Ornat sanft mit ihren Schritten die blaue Masse.
Eine Hälfte der Bubengruppe platzierte sich hinter mir, die andere – die mit der etwas dünkleren Hautfarbe – nahm im nächsthinteren Waggon Platz. Als sich die hinter mir platzierte Hälfte nicht so recht beruhigen wollte, drohte der Trainer. “Seid’s endlich ruhig, sonst kummt’s nach hinten zur Türkenmafia!”, womit er ohne Zweifel die andere Gruppenhälfte meinte.
Ich saß in einem Wattebausch aus Ermüdung und Schlafunfähigkeit und dachte, Buben, Trainer, rosa Schnürstiefel und Nonnen müßten einfach Werk der Watte sein.
Als einer der Buben zu einem anderen meinte, auf die Nonnen hinweisend, “he, die fahren ja schwarz!”, kamen mir kurzfristig Zweifel.