Peripher betrachtet
Wir saßen während des Spiels Österreich:Polen in einem Gastgarten, der auch einen der Plasmawand abgelegenen Bereich hatte. Da saßen wir und tranken Wein und sprachen über Geschäftliches und Halbgeschäftliches. Wir bemerkten zwei anhebende Begeisterungsanfälle im plasmawandnahen Biergartenbereich, die aber abbremsten. Wir vermuteten Chancen, die keine Tore wurden. Das Spiel schien aber gut ausgegangen zu sein, denn als sich die Anzeichen mehrten, dass es aus war, liefen zusehends jubelnde Menschen herum, die nicht polnisch wirkten oder waren.
Wir verabschiedeten uns voneinander. Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Hause. An einer nur noch gelbblinkend geregelten Kreuzung lief eine Masse junger Leute über die Straße. “Wir werden die Deutschen besie-hie-gen”, sangen sie. Andere, die daneben standen, schmunzelten; ich musste lauthals lachen.
Fast zu Hause schob ich das Fahrrad am dubiosen Restaurant im Nachbarhaus vorbei, wo man sich teuer gibt, so generell. Ein Kellner und ein Gast standen draußen. Sie hielten eine Österreichfahne in ihren hochgestreckten Armen, die aber nicht ganz hochgestreckt waren, denn ich musste zu dem Gastellbogen “Tschulligens” sagen.
Während ich vorbeiging, drang aus Gast, Kellner und womöglich auch Fahne ein gurgeliges “Ööööstarach” hervor. “Österreich” ist für bierüberschwemmte Kehlen ohnehin eine Herausforderung, da der bierinduzierte Drang zum Kehligen durch den initialen Umlaut und das perfid zwischengeschobene rr – das e biegt man in ein a ab, das ei ebenfalls, geht schon – gebremst und hintertrieben wird.
Man kann bewundern, dass Gast, Kellner oder Fahne diese Herausforderung in Angriff nahmen, wenn auch nicht unbedingt, ahem, meisterten. Als ich dann das Haustor aufsperrte, hörte ich “Schwule Sau”. Das kam vom Gast, ging irgendwohin, und war kein Anlass zu Belustigung, weder über die Sache noch über die Person.