En kongelig affære ("A royal affair"), Nikolaj Arcel (DK, 2012)
(Gesehen auf MUBI). Johann Friedrich Struensee (1737—72) war Arzt und Aufklärer. Er wurde Leibarzt des dänischen Königs Christian VII, gewann politischen Einfluss und kam dank einer königlichen Generalvollmacht 1770 in eine Position, in der er eine Umwandlung der dänischen Gesellschaft nach aufklärerischen Prinzipien betreiben konnte. Für ihn selbst ging das schlecht aus; die Feinde, die er sich durch seine Reformen in mächtigen Kreisen zuzog, erwirkten seine Absetzung und im Jahr 1772 dann auch seine Hinrichtung. Struensee hatte zudem ein Verhältnis zu Königin Caroline Mathilde und soll Vater der Prinzessin Louise Auguste von Dänemark gewesen sein.
Nikolaj Arcels Film ist ein ansehnlich gefilmtes und auf etwas unschlüssige Weise tragisches Historienstück, bis hin zur Hinrichtung (ich halte Hinrichtungsszenen mit der Unabwendbarkeit ihres üblen Ausgang ganz schlecht aus — seltsam, ich weiß). Er beginnt mit der traurigen Geschichte der schönen und intelligenten Königin (Alicia Vikander), die mit einem psychisch hochgradig labilen Mann (Mikkel Boe Følsgaard) verheiratet wurde und von ihm nicht gerade wenige öffentliche Demütigungen zu erleiden hat. Struensee, gespielt von Mads Mikkelsen, kommt zuerst in König Christians Leben und dann in ihres; er ist mit seiner Vernunft und Bedachtsamkeit für beide gut, und unter anderen Bedingungen hätte daraus eine vielleicht komplizierte, aber jedenfalls nicht unbedingt tödlich ausgehende Dreierbeziehung werden können, mit etwas Verständnis für die emotionalen Beschädigungen, an denen der König so herumlitt. An intriganten Königshöfen mit, nun ja, voraufklärerischen Geschlechtervorstellungen geht sowas unkonventionell Heilsames aber natürlich nicht, und es wird alles ganz furchtbar skandalös und traurig.
Man versteht dabei aber nicht so wirklich, was Struensee an Königs so fand. Gut, mit dem König in Bordellen rumzuhängen schafft Zugang zu Macht, was einem als Aufklärer mit Interesse an Verbesserung der öffentlichen Gesundheit durchaus zupass kommen kann (auch eine Art Pandemiemanagement). Die Königin ist schön und unglücklich und als Persönlichkeit auch etwas voraufklärerisch. Das kann schon anziehend wirken für einen Reformator, aber dass der Aufklärer so sehr auf die Tussi reinkippt, wie er das im Film tut, ist ehrlich gesagt nicht so wirklich plausibel. Mads Mikkelsen tut sein Bestes, diese unerklärliche Anziehung mit gequälter Zerfurchtheit ins emotional Komplexe rüberzuretten, aber hm. An Struensees Stelle hätte ich mir am Weg zum Schafott wahrscheinlich eher gedacht, ich Trottel, dass ich mich mit diesen Königsflachseppen (m/w) eingelassen habe, hätte ich bloß den Gang durch die Institutionen gewählt oder sonstwas ohne Körperkontakt mit Königs. Statt dessen darf Struensee im Film noch eine letzte Vision der schönen Königin haben, naja. Kurz und gut, die Verschränkung von Aufklärung und Liebesdrama bekommt dem Film nicht so ganz, aber für einen Fernsehabend ganz ok.