Schwitzbericht
Die “Sauna am See” gehört zum Seebad Enge und schwimmt, wie das Seebad, in Form von Pontonfloßen am nordwestlichen Eck des Züri-Sees. Es gibt eine gemischte Sauna mit Oberlichtfenster auf drei Seiten, so dass man auf der obersten Bank schwitzend Ausblick auf kreuzende Segel- und Ausflugsboote, Wasserflächen, imposante Uferbauten und Berggipfel in der Ferne genießt. Es gibt auch eine eigene Frauensauna, ohne Fenster und kleiner. Es gibt auch einen eigenen, durch einen Paravent abgegrenzten Frauenliegebereich. Immer diese sonderbare Frauenabgrenzung in Saunas, als wären nackte Frauenkörper etwas besonders Schützenswertes und Männer gerade das, wovor man sie besonders schützen muss. Aber hier muss man wenigstens nicht ins Frauenreservat, und die Frauen, die gestern da waren, wollten auch nicht.
Es gibt drei verschiedene Varianten von Liegestühlen, die kippenden mit Gummiseilbespannung, die festen mit durchhängender Tuchbespannung, und die horizontalen mit Kopfteilverstellbarkeit, bespannt mit nachgiebiger Kunstfaser. Erstere und zweitere stehen innen, vor großen Glasfenstern mit Blick auf Ponton und See da draußen, letztere stehen auf einem Podest draußen. Ist es draußen zu kalt – und da die Sauna winters geöffnet ist, ist das zu erwarten -, gibt es Wolldecklis. Das Einmummgefühl des an der Zivilisation erkrankten Lungensanatoriumspatienten mit bewegendem Naturausblick, hier könnte man es genießen.
Die Aufschriften sind schweizerdeutsch und finnisch gehalten. In Zürich lebende Finnen kämen auch vorbei, ja, meint der Saunaknecht, und urlaubende Finnen auch, ja. Es gibt auch “Lapin Kulta” im Saunacafé, das natürlich auch Seeblick hat. Das Café bietet auch Wienerli und Suppen, Tees, Zamba-Säfte und natürlich Kaffeevarianten im Spektrum Latte bis Express. Saunaknechte schlapfen langsam durchs Gelände, füllen hie Saunaessenzflaschen, teilen dort Badetüchli und schläpfli aus, sorgen dafür, dass die ausleihbaren Bademäntel ansehnlich an der Stange hängen und das Zeitungs und Magazinangebot im Wandständer übersichtlich geordnet ist. Die unter Wasser gelegenen, aber nicht gesetzten, Garderoben-, WC- und Toiletträumlichkeiten erinnern an provisorische Sommerbäder einer Landkindheit (zeitlich der Zivilisationserkrankung vorangehend).
Aber das Schönste an der Sauna am See ist der Ausblick – weniger wg. Naturbegeisterung, sondern weil es verdammt kühl ist, nackt inmitten eines sommer- und winterfrischlerischen Hochfinanzzentrums herumzuschwitzen, zu hüpfen, zu liegen und zu lesen, umgeben von reiner Selbstverständlichkeit.