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- 24 12 2003 - 12:13 - katatonik

Adorno und der schielende Löwe (unter anderem)

“Konnte sich Adorno entspannen?

Beim Spazierengehen – und mit Tieren. Ich hatte einen schrecklich großen Boxer, und was er sich von Viechern gefallen hat lassen, war unglaublich – da war er wie ein Kind.

Wie wars mit Fernsehen?

“Daktari”, insbesondere den schielenden Löwen, hat er über alles geliebt. Aber so waren sie alle: Der Sholem wollte einmal unbedingt den Friedrich Torberg treffen, und alle – ich weiß nicht mehr, wer noch – waren sie dann bei mir. Ich habe mir jedenfalls gedacht: Das wird ein ganz interessanter Abend. Aber kaum war der Sholem da, hat er gemeint: “Heut is’n ,Maigret’ im Fernsehen!” Also sind sie alle dagesessen und haben ferngesehen.

Sprechen wir einmal über Sie: Wir wussten gar nicht, dass Sie im Laufe einer der Demonstrationen gegen Borodajkewycz verletzt wurden!

Ja, da hat mir meine Mutter, die wirklich eine sehr anständige Anti-Nazi war, einen solchen Skandal gemacht: “Muss ich in der Zeitung lesen, dass du dich mit dieser Bagage geschlagen hast?” Das ist typisch Wiener Bürgertum: Bei so etwas macht man die Türe zu und geht nicht hinaus. Ich habe ihr darauf geantwortet: Es ist schon mal schlecht ausgegangen, weil alle die Türe zugemacht haben. Ich bin halt der Ansicht, dass man sich dann hauen muss.

Was genau ist passiert?

Es gab einen irrsinnigen Wirbel vor dem Burgtheater und ein Borodajkewycz-Anhänger ist auf meinen Volkswagen gestiegen und hat ein Transparent in die Höhe gehalten. Daraufhin bin ich auf den los, und er hat mir die Stange am Schädel gehaut. Es war halb so schlimm: eine Platzwunde halt.”

Karl A. Duffek und Klaus Nüchtern sprechen mit Lotte Tobisch anlässlich des Erscheinens ihres Briefwechsels mit Theodor W. Adorno.

Theodor W. Adorno / Lotte Tobisch: Der private Briefwechsel. Herausgegeben von Bernhard Kraller und Heinz Steinert. Graz 2003 (Droschl).

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