Entfaltung Richtung Nagano
Nördlich von Tokyo war ich noch nie gewesen. Ich fahre also nach Nagano, da wo 1998 Winter-Olympiade und so. Japanische Alpen. In Karuizawa sieht man verwirrende Schilder: „New East – East“ und „New West – West“, sonst nur Läden, eine riesige Laden- und Parkplatzlandschaft. Karuizawa, sagt der Reiseführer, sei das Aspen Japans.
Im Zug sind aus Sicherheitsgründen die Kofferabstellnischen im Einstiegsbereich gesperrt. Ich muss also den blöden gefälschten Samsonite-Rollkoffer vor mir abstellen und meine Beine um ihn falten. Während ich in einem Zugbegleitungsmagazin blättere, fragt mich die Japanerin neben mir, ob das mit dem Koffer auch in Ordnung ginge (lächelnd). Tja, es gäbe wohl keinen Platz, wo man ihn sonst hinstellen könnte (lächelnd). – Tja, manche Waggons hätten Abstellorte (lächelnd). – Tja, dieser leider nicht (lächelnd). – Tja, wenn Sie sich daran gewöhnen, können Sie womöglich so sitzen (lächelnd). Man kann diese subjektlosen Binsenweisheiten, die nur dazu geäussert werden, zwischenmenschliches Wohlgefallen herzustellen und Unannehmlichkeiten aus der Welt zu verbinsen, nicht so recht übersetzen (wenn gewöhnen, so sitzen können). Aber sie funktionieren, und meine gefalteten Beine fühlen sich wohler.
Zwei Stationen und ein Nickerchen später gehe ich kurz nach draussen. Als ich zurückkomme, hat sich die Nachbarin auf einen anderen Platz gesetzt, der in der Zwischenzeit frei geworden war. Mit einer lächelnden Geste deutet sie mir, ich könne nun über ihren freien Platz verfügen (und den Koffer dort platzieren). Ich bedanke mich mit Lächeln & Nicken und handle entsprechend.