Überlebt und angetan
Die erste Woche des Unterrichts überlebt. Das ist gut.
Dienstags und donnerstags stehe ich jeweils zuerst in einem fensterlosen Hörsaal und erzähle knapp 100 Studenten 90 Minuten lang Einführendes zum indischen Buddhismus, dann etwas später in einem kleineren Hörsaal mit Milchglasscheiben und ähnlichem Mutterschiffgefühl, wo ich etwa 40 Studenten in den tibetischen Buddhismus einführe.
Das Ganze ist recht anstrengend. Die große Vorlesung ist bisher leicht frustrierend, weil von den Studierenden wenig kommt und auch weggepennt wird. Fensterlos vor wegpennendem Auditorium, nun ja. Allerdings habe ich zwei reizende “Graduate Student Instructors”, die auch immer dabei sitzen – und in den Zeiträumen zwischen Dienstag und Donnerstag in Kleingruppen noch einmal alles durchkauen -, und wenn wenigstens die über meine Scherze lachen, bin ich’s zufrieden.
(Na gut, Papst Innozenz IV. als im Wortsinn “unschuldig” zu bezeichnen, weil er an den mongolischen Güyük Khan schrieb, der möge sich doch zum Christentum bekehren, war wohl doch nicht so der Lachschlager, für den ich ihn gehalten hatte.)
Von der Tibet-Gruppe bin ich heute wirklich beeindruckt. Ich zeige ihnen auf zwei Einheiten verteilt Ulrike Kochs Film “Die Salzmänner von Tibet” (1997), in dem eine Gruppe Nomaden in Tibet zum jährlichen Trip an einen ca. einen Monat enfernt gelegenen Salzsee aufbrechen. Der Film zeigt sehr schön, wie sehr die Lebensweise der Nomaden von Ritualen und eher mythologischen denn naturwissenschaftlichen Begründungsschemata geprägt ist.
Ich hatte die Studenten gebeten, sich während des Filmes Notizen zu machen, vor allem, was das Religiöse angeht – ohne ihnen zu sagen, was das sein würde oder was ich unter “religiöse” verstünde.
Der Film ist sehr langsam, und ich hatte mit Langeweile und Renitenz gerechnet, ein bisschen das Klischee vom amerikanischen Jugendlichen überstrapazierend. Ich lag voll daneben. In den 20 Minuten, die uns nach der ersten Hälfte des Films blieben, kam ein Hagel an Beobachtungen und Assoziationen – praktisch alles, was man aus dem Film an religiöser Relevanz herauslesen konnte, kam vor, und wurde auch noch überlegt und weiter gedacht.
Ich bin beeindruckt. So macht das richtig Spaß.
Es kann schon sein, dass der im Hause Goncourt sehr geschätzte “Hoxha von Höxter” in so einem fensterlosen Hörsaal etwas kontextbedürftig ist. Wobei ich mich nicht wundern würde, wenn dort irgendwo in einem “New Höxter” eine ganze Enklave finsterer Holzfäller höckte.