Modalitäten der Bewegung
Mir ist, als wäre ich altmodisch, in einer noch zu empfindenden Weise. Das ist, als würde man unscharf sehen, sich selbst und die Welt, und daher das eine oder das andere, die Welt oder sich selbst, in Dauerirritation behalten.
Im Anflug auf Shanghai zeigt die Fluglinie ein Video, dem man nicht entkommen kann, denn es legt sich gnadenlos über alles, was man sich gerade im persönlichen Unterhaltungssystem so ansehen könnte – Ralph Fiennes’ Coriolanus, oder Wanderlust, oder eine chinesische Serie namens The Lurk (2009), in der ein kommunistischer Untergrundaktivist 1946 die Kuomintang unterwandert und eine Fassadenehe mit einer ebenfalls infiltrierenden Guerillakämpferin führt, sich aber dann wirklich in sie verliebt, etc. pp. (sounds familiar ?)
Das Video, dem man nicht entkommen kann, fordert die Fluggäste zur Gymnastik auf. Die Fluggäste, noch müde, sind amüsiert oder irritiert, aber viele machen mit. Die Stewardessen zeigen Übungen vor, verstärken die Videos, die neben Einzelvorturnern auch Gruppen in Parks zeigen. “Calisthenics” sagen sie, dabei ist darunter auch ein astreiner gomukhāsana (nur der Armteil). Vieles, was ungewohnte Gruppenaktivitäten angeht, die man mit Asien verband, stieß früher vielleicht auf modernistisches Unwohlsein, aber das ist nicht mehr so. Fragen der kulturellen Identifikation haben sich abgelöst, Fragen des postmodernen Spasses haben sich überlebt. Fragen der Selbstoptimierung haben sie ersetzt, sage ich mal so.
hm, die kommentarfunktion dürfte das letzte update nicht gut überlebt haben.