Painting with John (Serie; Folgen 1 und 2)
“Painting with John” ist eine Miniserie mit John Lurie, von HBO produziert. Der Titel erinnert an die — geniale — Miniserie “Fishing with John” (1991), die mit “Painting with John” immerhin die Figur John Lurie gemeinsam hat und von deren Eigenheiten und Eigentümlichkeiten geprägt ist. In “Fishing with John” begab sich Lurie mit wechselnden Gästen in die Natur um zu fischen, was manchmal zu Fischfang führte, aber vor allem viel anderem, vor allem zu Gesprächen über, nun ja, Verschiedenes. Die Gäste waren Tom Waits, Dennis Hopper, Matt Dillon, Jim Jarmusch und Willem Dafoe, also jetzt nicht gerade Langeweile verbreitende Persönlichkeiten.
Lurie kennt man aus Jim Jarmuschs Filmen und als Musiker von den Lounge Lizards. Er malt seit langer Zeit. 1994, heisst es, sei er an Borreliose erkrankt und hätte sich dem Malen stärker zugewandt. Zu Beginn von “Painting with John” sitzt er in seinem Haus auf einer karibischen Insel, überblickt obszön grüne Baumkronen, wenn er auf die Veranda tritt, und malt ansonsten in einem abgedunkelten Raum, in dem er vom Malen und anderem in die Kamera erzählt. Zwei Damen, die eher aus der Inselgegend stammen dürften, sind auch in der Hütte; sie sind wohl Hausangestellte und witzeln mitunter mit Lurie herum.
Die erste Folge von “Painting with John” beginnt damit, dass Lurie seiner Drohne verlustig geht, die gerade noch faszinierende Bilder aus dem obszön grünen Gewalde ringsherum gezeigt hatte. Schnell sieht man ihn dann beim Malen, feine Pinselstriche über gefärbte Leinwände ziehend, stärkere Farbtupfer, die sich verlaufen dürfen, alles in Nahaufnahme. Er erzählt Autobiografisches, vom Malen als etwas, zu dem man in der Kindheit besseren Zugang hätte, und dann ginge es oft verloren (“I’m still searching for my inner adult” sagt er), und, nein, Bob Ross hätte Unrecht, es könne eben nicht einfach jeder malen. Luries Stimme ist tief und hat ein bäriges Vibrato, leicht nasal und grummelig. Ein New Yorker, der mit habitueller Grummeligkeit in der Karibik sitzt. Während die Kamera mehr und Feingliedrigeres von dem Grünzeug rundherum zeigt, wird allmählich klar, wie sich die Konturen der Äste, Blätter und Pflanzen in Luries Bildern wiederfinden, farblich gebrochen, stilistisch ins Naive gewandt, abstrahiert. Er male grundsätzlich nur unglückliche Bäume und Blumen, sagt er. Dazu gibt es Musik, teilweise von Lurie, teilweise von Luries Erfindung Marvin Pontiac, teilweise von den Lounge Lizards.
In der zweiten Folge hat Lurie eine neue Drohne, die er auch wieder zum Absturz bringt. Er malt und erzählt dabei die Geschichte eines eher dramatischen Haushaltsunfalls, in dem auch eine Machete vorkommt und Aloepflanzen. Er lässt Reifen einen Hang hinabrollen, für “a little fun every day”, und er sagt das mit einer total durchgrummelten Lakonie, so in etwa der unaufgeregtesten Haltung zu “fun”, die ich mir vorstellen kann. Er sitzt und erzählt Geschichten aus seinem New Yorker Leben, umgeben von Tierlauten aus dem obszön grünem Rundherum. Die Kamera malt ihn, während er spricht, sie hört ihm zu, während er malt. Die Folgen sind mit ca. 20 Minuten recht kurz und gerade richtig.