Lehren des Alltags. Heute: die gerechtfertigte Deppendemütigung
Der Radfahrer vor mir ein junger Mann mit Helm. Es gibt da diese eine Kreuzung mit Stoppschild in Gürtelnähe, wo nie jemand stehenbleibt. Deswegen — sie gilt als Schulweg — stehen da in der Früh oft Polizist*innen und fordern Beachtung des Stoppschilds ein. Jetzt aber ist es Abend; der junge Mann macht keine Anzeichen stehenzubleiben.
Drei Buben, dicklich, burschikos, eher im jüngeren Spektrum des Teenagertums, laut miteinander redend und dabei gestikulierend — tonight the streets are ours! — setzen zur Straßenquerung am Zebrastreifen an. Der Radler fährt knapp vor ihnen vorbei.
Sie lautstark so: “Heast! Stoppschüd! 60 Euro, aber safuat!” Schaukeln einander hoch in ihrer durchaus gut gespielten Echauffage, lachen. Der Radler fährt weiter, ich hinterdrein.
Bei der nächsten Kreuzung kommen der Radler und ich nebeneinander zu stehen. Er so: “Entsetzlich! Geshamed von Teenagern! Und des Bledeste: Se hom a nu recht ghobt!” Wir kommen überein, dass das die schlimmste Form der Demütigung von überhaupt sei, wenn die Deppen, die einen blöd angehen, auch noch im Recht sind, schütteln unsere Köpfe und fahren unserer Wege.