Go to content Go to navigation Go to search

- 21 01 2023 - 11:31 - katatonik

Rites de Passage

Pensionierungsfeier auf einem am Donaukanalufer vertäuten Schiff, das ein Schwimmbad an Bord hat und wo man im Winter auch Eisstockschießen kann, darüber könnte man schon auch nachdenken, aber man kommt ja zu nix bei sowas. Grüß dich, seavas, auch scho lang nimma g’sehn, na geh bitte, doch erst im letzten Oktober, oder war’s der November?

Dem E., damals Kameramann beim Episodenfilm, der nie fertig worden ist, also dem E. geht’s ned gut, der hat schon vor ein paar Jahren schlecht ausg’schaut, wie ich ihn g’sehn hab, merkt sich nix mehr, hat er g’sagt; ist halt immer schon mit einer üblen Partie unterwegs g’wesn, und die Sache mit dem Häf’n wegen der Drogeng’schicht, hart, so richtig gebrochen. Das mit dem Altwerden ist halt schon deppert, weisst, wenn ich aufwach und diese fünf Tabletten vor mir seh, da wird mir ganz anders, jeden Tag, und was die mit dem X. im Krankenhaus aufg’führt haben – jo eh, aber wennst was Ernstes hast, bist halt schon dankbar für die Medizin, und dass’d nicht bankrott gehst von den Krankenhausrechnungen, ned? Weisst, ich hab ja immer noch das Ding, dass ich irgendwo reinkomm und die Jüngste da bin, dabei in meinem Alter, also bitte, aber jetzt in diesen Verein da, in die Akademie, da bist ja mit Mitte Fünfzig voll Teenager, und Frau wieder einmal unter so vielen Männern, war auch schon lang nicht, das ist altersmäßig echt drastisch. Aber die Ü80er, ich sag dir, im Schädel radikaler als die Fünfziger, die derzeitigen Fünfziger, die kannst echt großteils weghau’n, leider, sowas Fades und Biederes, gemeingefährlich, grad jetzt.

Die B. war auf einer warmen Insel wandern, mit Yoga; es geht ihr jetzt wieder besser. Der C. und die D., grad aus Südfrankreich zurückgekommen, eine Woche, mit Freunden, die sich dort auskennen, früher nie, also echt, Urlaub mit Freunden, na, echt ned, aber komischerweise geht das jetzt, sogar sehr gut, vielleicht Altersmilde. Aber weisst, ein bissi zu viel von dem Etepetetezeugs. Die sind halt noch in ihren Fünfzigern, da glauben ja viele, sie müssen in superteure Restaurants und so, über Sechzig bist froh, wenn’s zu an g’scheid’n Wirt’n gehst, da brauchst des nimma.

Die F., immer schon viel gereist, ist am Anfang von der Pandemie in des einzige Land abg’haut, wo man hinkönnen hat, Tansania, da war sie dann drei Wochen, war super. Sie macht ja Touren, Nepal, Indien, als Reiseführerin, jetzt Südindien, zur Kunstbiennale nach Kochi – ma, geil, will mit, geht’s noch? Leider ned, alles ausgebucht. Der M. in Berlin, den hat der A. vor einem Jahr erst troff’n, ja, dem geht’s auch gut, wach, aktiv, macht immer noch was. Der Ronnie macht auch noch was, erst unlängst ein Konzert im Porgy and Bess, wieso ham wir des ned g’wusst, der war echt immer ur nett, weisst noch, bei diesem einen Trash-Film vom N., der dann ja auch nach Berlin ist, also da hat er ja auch mitg’spielt (“echt”?), ich hab den übrigens sogar digital jetzt, kannst haben, naja, und sehr konsequent halt, der Ronnie, kannst dich noch erinnern an Niemand hilft mir, diese Konrad-Bayer-G’schicht? Genial. Ich mach übrigens auch noch was, magst an Flyer?

Tanzen, viel, mit vielen. Dawn Penn, „No, no, no“, oha, Prince, „Kiss“, da eskaliert’s dann a bisserl, no seavas, aber dann geht’s über die Geschmacksgrenze, danke nein, und irgendwann stehen wir zu dritt im Schneetreiben, fast schon Schneesturm, am Deck vom Badeschiff, schauen runter auf den doch tatsächlich mit Wasser gefüllten Pool, so schön türkis, neben uns eine Eisstockbahn, vor uns die beleuchtete Urania, und der C. packt sein Handy aus und spielt über YouTube blechern Ronnie Urini und die Letzten Poeten, Niemand hilft mir, und wir singen laut und begeistert die letzten Zeilen mit:

“Das ist lustig
Das ist schön
Das ist das Zugrundegehn”

Dass sie dann noch zufällig im Hintergrund Falcos Ganz Wien spielen, wie ich beim Gehen vor der Urania steh’, also bitte, das war fast schon übertrieben.

  Textile help