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- 21 12 2023 - 18:37 - katatonik

Arthur Russell

Eine meiner musikalischen Entdeckungen 2023. Sehr detaillierte Wikipedia-Biografie), Dokumentation (70 Minuten) von Matt Wolf, “Wild Combination: A Portrait of Arthur Russell” (2008) [gibt’s auch gestreamt bzw. über den Dienst der schwarzen Krähe, wem’s was sagt]. Geboren 1951, aufgewachsen im ländlichen Iowa. Die Eltern erzählen von früher Musikbesessenheit. He was all music. Eine zarte, weiche Stimme; “folksy” sagt einer in der Doku. Nick Drake vibes, mitunter. Als junger Mann von zu Hause weggelaufen, nach San Francisco, Gegenkultur der 1970er Jahre, Studium der Komposition und wohl auch der klassischen indischen Musik. Cello, Klavier, Keyboard. Mitte der 1970er nach New York, coming out, Offenheit für alle Arten von Musik. Erst der Wunsch, weiter Musik zu studieren, dann aufgegeben. East Village, Allen Ginsberg. Programmgestaltung in der Kitchen. Verschiedene Gruppenprojekte mit dem Label Sleeping Bag Records. Disco. Tanzbares, Funkiges. (Dinosaur L: Go Bang!) Viele Richtungen. Viele Versuche, die scheiterten, wie zum Beispiel, die frühen Talking Heads vom Cello zu überzeugen.

Der Wunsch, auch Musik für die Vielen zu machen, Massengängigkeit, immer auch mit kleinen Einsprengseln drin, die man heute als genre-untypisch wahrnehmen würde. Große Schwierigkeiten, mit Rampenlicht umzugehen. Schwierigkeiten, Dinge abzuschließen, ob es nun Platten waren oder Theaterproduktionen. Schwierigkeiten, sich von anderen anleiten zu lassen (Robert Wilson zum Beispiel). Perfektionismus, sagen die einen, zu viel Freude am Prozess die anderen. Das eine schließt das andere nicht aus. Besessen davon, dass andere seine Ideen verwenden könnten, rauben könnten, geraubt hätten. Sprunghaftigkeit, am Weg zu einem Konzert plötzlich aus dem Auto gesprungen, weil, nein, doch nicht. Er brauchte und liebte drone background: den Hudson River, Walkman beim Joggen, ein gurgelndes Aquarium in der Wohnung. Die Geschichte, dass ihn sein Freund einmal am Keyboard in seine Musik versunken vorfand, während der Küchenmixer im Hintergrund vor sich hin ratterte; es war nicht herauszufinden, wie lange schon.

1986 die Diagnose HIV, dann auch noch Kehlkopfkrebs. Russells erstes und einziges Solo-Album zu Lebzeiten erschien in diesem Jahr, das fantastische World of Echo. Akustische Pinselstriche, Cello, Stimme und Effekte. Kalligrafien des Halls. Russell starb 1992 im Alter von 40 Jahren. In der ersten Hälfte der 2000er wurde er wieder entdeckt; es gab ja noch mehr als genug unveröffentlichtes Material, das Audika Reords seit 2004 rausbringt. 2016 kam Springfield raus, mit sehr aber-hallo-artigen Etüden in Richtung Avant-House. Daniel Dylan Wray: A Comprehensive Guide to the Arthur Russell Catalogue. Über Künstler wie Russell sagt man gerne, sie wären Grenzgänger oder Brückenbauer zwischen Genres, zwischen Musikwelten. Man kann es aber auch so sehen, dass sie nach Musik an sich suchen, nach so etwas wie einem Wesen des Klangs. the sound itself is the common factor, heisst es in Matt Wolfs Doku dazu.

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